Publikation zur gleichnamigen Ausstellung ab 06.06. 2009 im Zeughaus C5, hrsg. von Alfred Wieczorek und Claude W. Sui mit Texten von Claude W. Sui, Günter Kunert und Zitaten von Politikern und Schriftstellern zur Berliner Mauer
Publikationen der Reiss-Engelhorn-Museen Band 35, Reiss-Engelhorn-Museum Mannheim/Forum für internationale Fotografie/Edition Braus, Heidelberg, 2009, ESBN 978-3-89466-305-6, 64 S., 23 s/w-Abbildungen, Hardcover gebunden, Format 24,5 x 31 cm, € 15,--
20 Jahre nach dem Fall der Mauer erinnert Robert Häussers Fotozyklus zur Berliner Mauer an die bedrückte Atmosphäre in den ersten Monaten des Mauerbaus. Der 1924 in Stuttgart geborene und vielfach ausgezeichnete Fotograf war nach dem Zweiten Weltkrieg auf den elterlichen Bauernhof in der Mark Brandenburg zurückgekehrt und hatte dort als Bauer gearbeitet. 1952 ist er nach Repressalien mit Frau und Kind in den Westen geflohen. Noch im Alter plagt ihn ein Alptraum, der von dem Gefühl handelt, „fliehen zu müssen, einen freien Ort zu erreichen, wo ich jedoch nur von Mauern und Absperrungen umgeben bin“ (Robert Häusser in einem Interview mit C.W. Sui am 5. August 2000). Nach dem Mauerbau stellt sich für Häusser die persönliche Frage, was aus ihm und seiner Familie geworden wäre, wenn seine Flucht missglückt wäre.
Eine der in harten Schwarz-Weiß-Kontrasten aufgenommenen Arbeiten zeigt Panzersperren, Stacheldraht und ein gepanzertes Fahrzeug, auf dem ein Soldat an der Maschinenpistole steht. Die Mauer existiert auf dieser Aufnahme noch nicht. Der Aufnahme ist ein Auszug aus einem offenen Brief von Wolfdietrich Schnurre und Günter Grass vom 16. August 1961 an den Vorstand des Deutschen Schriftstellerverbandes Berlin-Ost gegenüber gestellt: „Stacheldraht, Maschinenpistolen und Panzer sind nicht die Mittel, den Bürgern Ihres Staates die Zustände in der DDR erträglich zu machen. Nur ein Staat, der der Zustimmung seiner Bürger nicht mehr sicher ist, versucht sich auf diese Weise zu retten.“ In einer poetisch-paradoxen Aufnahme hat sich ein filigran weißes Kinderbettgestell aus geschwungenen Messingrohren im Stacheldrahtverhau verfangen. Gut, dass das Leben nicht auf Dauer eingesperrt werden kann.
(ham)