Hrsg. von Wolfram Völcker mit Texten u.a. von Klaus Bußmann, Wulf Herzogenrath und Michael Semff
Hatje Cantz Verlag, Ostfildern, 2007, ISBN 978-3-7757-1976-6, 168 S., 50 Farb- und 61 s/w-Abbildungen, Leinen gebunden, Format 24,5 x 17 cm, € 24,80 (D) / SFR 42,--. Broschierte Sonderausgabe 2009, ISBN 978-3-7757-24227, € 14,95 (D) / SFR 26,--
Artheon, die 1992 gegründete Gesellschaft für Gegenwartskunst und Kirche, hat es sich zu einer ihrer Aufgaben gemacht, die theoretische Klärung von Qualitätsstandards für zeitgenössische Kunst zu fördern und dazu schon 1994 zur Tagung „Kunst ist das, was Künstler machen. Zur Klärung von Qualitätskriterien für zeitgenössische Kunst“ nach Hofgeismar eingeladen. Der zur Tagung als Referent gebetene Stargalerist der 1960er, 1970er und frühen 1980er Jahre Hans-Jürgen Müller hatte damals auf seinem 1976 erschienenen Long- und Bestseller ‚Kunst kommt nicht von Können’ verwiesen: „Da steht alles drin!“. Wenn Hatje Cantz rund 30 Jahre später zwölf KuratorInnen, Museums- und KunstvereinsdirektorInnen fragt, was für sie gute Kunst ist, scheint nicht mehr alles so klar zu sein wie für den jüngst verstorbenen Hans-Jürgen Müller.
Die Publikation wendet sich an Kunstinteressierte und KunstsammlerInnen. Sie fragt nicht nur nach guter Kunst, sondern auch nach speziellen Qualitäten in der Malerei, der Zeichnung, der Druckgraphik, der Videokunst, der Fotografie und der Skulptur. Die Grundfrage bleibt wie vor dreißig Jahren strittig.
So geht Gudrun Inboden, in der Staatsgalerie Stuttgart ehemals zuständig für Gegenwartskunst, davon aus, dass sich Qualität in der Kunst deshalb nicht definieren lässt, weil sich Kunst nicht definieren lässt und keine Regeln kennt. Aber Qualität nicht als verlässliche, unveränderliche, statische Konstante genommen, „sondern als eine ‚vage’, nicht berechenbare, dynamische Variable“, gibt es dann auch für Inboden. Sie treibt ihr Wesen in der Kunst und (kann) als eine ‚in’ der Kunst wirkende, ‚substanzielle’ Kraft“ gedacht werden, als eine „Art von Kraft oder Qualität in der Natur der Sache“ (Gudrun Inboden).
Christoph Heinrich hält dagegen Qualität für eine Frage der Vereinbarung der am System Kunst Beteiligten und Alexander Dückers setzt in der Tradition der Moderne auf Kriterien wie Eigenständigkeit und Unverwechselbarkeit eines Werkes. Im Ergebnis wiederholen sich die bekannten Argumente und die von Thomas S. Kuhn in seinen Studien zur Struktur der Wissenschaftsgeschichte vorgetragene Beobachtung, dass sich bei der Entstehung des Neuen nicht die besseren Argumente durchsetzen, sondern die alten Paradigmen an Gewicht und Durchschlagskraft verlieren, wenn ihre VertreterInnen gestorben sind. Hatte am Ende auch die Frage nach Qualitätskriterien für den symbolischen und kulturellen Mehrwert von Kunst, wie der Prediger sagt, ihre Zeit? Und sind die in dem Band ‚Was ist gute Kunst?’ diskutierten Fragen zur Begleitmusik des dahinter verdeckten Leitdiskurses um den ökonomischen Mehrwert der Kunst geworden? Diedrich Diederichsen weist mit seinem Essay über Mehrwert der Kunst in diese Richtung.
(ham)