Publikation zur Ausstellung Chiharu Shiota - Memory of Books vom 02.06. - 10.09.2011 in der Gervasuti Foundation, Venedig
Hrsg. von Caroline Stummel mit Texten unter anderem von Mami Kataoka und einem Gespräch zwischen James Putnam und Chiharu Shiota
Hatje Cantz Verlag, Ostfildern, 2011, ISBN 978-3-7757-3156-0, 240 S., 315 Farbabbildungen, Hardcover gebunden, Format 30,5 x 24,5 cm, € 49,80 / SFR 67,--
Die 1972 in Osaka und heute in Berlin lebende Chiharu Shiota war nach Studien an der Kyoto Seika University, Austauschsemestern in Canberra, Australien und Studien an der Hochschule für bildende Künste, Braunschweig und an der Universität der Künste Berlin Stipendiatin der Akademie Schloss Solitude, Stuttgart. Deshalb konnte man ihrem Werk schon 2002 in der Akademie Schloss Solitude und 2003 im Württembergischen Kunstverein Stuttgart begegnen. Sie hat damals einen in schwarze Wollfäden versponnenen verbrannten weißen Flügel und verbrannte Stühle gezeigt und ihre Installationen ‚In silence' und ‚The way into silence' überschrieben. Die Wollfäden haben an Ruß und an Spinnweben erinnert, auf die man in über Jahre hinweg nicht benützten Scheunen oder Heuschober trifft. In den Räumen lag noch der Brandgeruch. Shiota ist schon damals durch ihren hoch sensiblen Umgang mit Situationen und Räumen und durch die existenzielle und spirituelle Anmutung ihrer Arbeiten aufgefallen. Der jetzt vorliegende Übersichtskatalog lässt die biografische Anbindung von ‚In silence' und ‚The way into silence' erkennen: Shiota erzählt, dass ihr Nachbarhaus, als sie neun Jahre alt war (an anderer Stelle sagt sie, sie war zwölf) gebrannt hat. „The sound of burning wood woke me up at two o'clock in the morning. I was frightened and ran down to wake up my parents. 'Father! Fire!'... The day after ... I saw something terrible: a burnt piano stood in the corner of the room. It had been the sound of burning wood that had woken me up and at this moment the piano had lost its sound... The burnt piano was more beautiful than before. And it seemed to have become stronger" (Chiharu Shiota). Gleichwohl will sie den Einsatz von Feuer in ihrem Werk nicht als eine Art Therapie für internalisierte Ängste verstanden wissen, „since in my case the fear is necessary to actually make art" (Chiharu Shiota). Auf die Frage von James Putnam, ob ihr Werk für sie nicht nur persönliche, sondern universelle Qualitäten habe und damit auf der ganzen Welt verstanden werden könne, antwortet sie: „I think so and I hope so, When I see good art, I can see God coming to the artist, and God made this artwork. I cannot see that just one person has made the work, but the artist has lent his body to God. This kind of artwork I find incredibly fabulous. It's not only personal - it has become universal, so that everyone can relate to it. I still don't know exactly why I am making art; it is not only for the audience, but it is also not only for me. Something happens inside me and forces me to make art" (Chiharu Shiota). Der Übersichtsband zeigt neben dem verbrannten Klavier unter anderem die frühe Performance ‚From DNA to DNA' von 1994 in der Kyoto Seika Universität und die Rauminstallation ‚After the Dream' von 2011 in La maison rouge, Paris. In dieser Installation sind vier nahezu raumhohe weiße Kleider in ein Gespinst von schwarzen Wollfäden eingewoben. Zwischen Wand und Kleidern entsteht eine Art Höhle oder Gang. Wer will, kann die Kleider umschreiten und wird dann je nach Gestimmtheit an Riesen, Hexen oder Engel denken.
(ham)