Zeitgenössische Malerei und Skulptur aus Deutschland und Italien
Publikation zur gleichnamigen Ausstellung vom 26.03. - 31.07.2011 im Museum am Dom Würzburg
Hrsg. von Jürgen Lenssen mit Texten von Davide Sarchioni und Constantino D'Orazio und einem Vorwort des Herausgebers
Museum am Dom, Würzburg, 2011, ISBN 978-3-9812595-5-1, 160 S., zahlreiche Farbabbildungen, Hardcover gebunden, Format 29,2 x 24,5 cm, € 19,80
Wenn man der Ausstellung und der Publikation „Der heilige Augenblick" folgt, sind die je sechs deutschen und italienischen Maler und Bildhauer Bruno Ceccobelli, Enzo Cucchi, Rainer Fetting, Jannis Kounellis, Thomas Lange, Markus Lüpertz, Jonathan Meese, Matteo Montani, Mimmo Paladino, Marco Tirelli, Wolf Vostell und Ben Willikens durch die Vorstellung verbunden, dass sie bei ihrem Wunsch, bedeutende Werke zu schaffen, auf ‚heilige Momente der Erfahrung' angewiesen sind. „Der heilige Moment bedeutet ... eine kreative Annäherung oder eine Haltung des Künstlers, die die Notwendigkeit einer unverzichtbaren emotionellen und spirituellen Spannung beinhaltet... Ohne jeglichen Bezug auf einen ausdrücklich religiösen Bereich können wir behaupten, dass der kreative Moment des Künstlers heilig ist, denn Kunst und Glaube sind in gewisser Weise verschwistert: beide sind immerzu auf der Suche und beide feiern die Schaffung d.h. das Geheimnis des Lebens, das sich in allen Schattierungen der Realität verbirgt" (Davide Sarchioni). Sarchioni, der Kurator der Ausstellung, geht weiter davon aus, dass der Glaube an Gott und der Glaube an die Kunst durch die Frage nach dem Sinn der menschlichen Existenz verbunden sind. „Beide, Glaubende und Künstler, stellen sich der Angst vor dem Tod entgegen(,) indem sie einen symbolischen Weg begehen, deren Grund eine spirituelle Suche nach der Ewigkeit ist. Auf diesem Weg scheint der kreative Prozess zu einer innigen Begegnung mit der christlichen Botschaft zu gelangen, weil er den Grund seiner Forschung im Drama des menschlichen Daseins aufspürt, das auf eine Ebene mit den Mysterien der göttlichen Liebe gesetzt werden kann" (Davide Sarchioni). Das Ausstellungsprojekt nimmt nach den Worten ihres Kurators Sarchioni den heiligen Augenblick und damit die kreativen Prozesse in den Blick, die den Entwurf und die Realisierung von Kunstwerken ermöglichen. Es zielt darüber hinaus ab, „auf die Erforschung der komplexen Beziehung zwischen zeitgenössischer Kunst und Spiritualität" (Davide Sarchioni). Die Ausstellung versammelt herausragende Arbeiten, die offen sind für den Grenzverkehr zwischen Kunst und Religion. Wer aber nach einer systematischen Beschreibung der komplexen Beziehung zwischen zeitgenössischer Kunst und Spiritualität oder gar nach Regeln für den Grenzverkehr zwischen Kunst und Religion fragt, bleibt weitgehend allein. Jürgen Lenssen deutet in seiner Einleitung immerhin an, wie er sich diesen Grenzverkehr denkt: Der „Wille zur künstlerischer Äußerung keimt nicht im Schöpfer eines Kunstwerkes allein, sondern kommt auch von außen, aus einer nicht fassbaren Quelle jenseits unserer Vorstellung, jenseits unserer Verfügbarkeit. Diese Kraft fließt in die künstlerische Gestaltnahme mit ein und weckt selbst im Künstler ein Staunen über das, worauf seine Blicke gerichtet ... werden ... Die Rede ist von der Transparenz der Transzendenz in den Werken der Kunst, ohne dass das jeweilige Werk darauf seitens des Künstlers angelegt ist... Die genannte Transparenz ... ist ... nicht abhängig vom Dargestellten, dafür aber von der den Künstler aufwühlenden Suche nach dem, was wahr ist. Und da Wahrheit, also das ewig Gültige, nicht einer von Zeit und Raum begrenzten Welt in ihren vielschichtigen und vielgestaltigen Bemessenheiten eigen sein kann, ist die Ausrichtung darauf ... ein heiliger oder besser noch: der heilige Augenblick... Diese Transparenz entdecken zu können, ist das Anliegen der Ausstellung. Ob dieser Wahrnehmungsprozess in eine Transzendenzerfahrung münden kann, entzieht sich jeder Machbarkeit" (Jürgen Lenssen)
(ham)