Thomas Erne / Peter Schüz (Hg.)
Arbeiten zur Pastoraltheologie, Liturgik und Hymnologie
Hrsg. von Lutz Friedrichs, Eberhard Hauschildt, Franz Karl Praßl und Anne Steinmeier, Band 63
Vandenhoeck [&] Ruprecht, Göttingen, 2010, ISBN 978-3-525-62441-8, 256 S., Broschur, 22,2 x 15,4 cm, € 49,90
Auf der Basis von 2004 tragen die rund 25 Millionen evangelischen Christen 1,223 Milliarden € oder 12,3 % des Gesamtbudgets der EKD zum Erhalt und zur Sanierung der ca. 27000 evangelischen Kirchen und Kapellen in Deutschland bei. Dazu kommen Spenden in den Gemeinden, Stiftungen und Zuwendungen der Denkmalpflege. Bei weiter abnehmenden Gemeindegliederzahlen wird die Baulast im Jahr 2030 von zwei Drittel der heutigen Mitglieder mit der Hälfte der Finanzkraft getragen werden müssen. Das führt selbst in Stuttgart dazu, dass die Evangelische Gesamtkirchengemeinde nicht mehr alle Kirchengebäude erhalten kann. „Die abnehmende Finanzkraft der Kirchen korreliert jedoch nicht mit dem wachsenden Interesse der Öffentlichkeit an den Kirchengebäuden. Die Kirchen haben sich trotz knapper werdender Mittel der Institution Kirche zu einem kompensatorischen Kulturgut von hoher Akzeptanz entwickelt. Sie sind ein Widerlager gegen den Traditionsverlust. Sie stehen in einer globalen Welt für lokale Bindung. Sie setzen gegen rasante Veränderung ihre (scheinbare) Unveränderlichkeit, gegen den Lärm die Stille, gegen die Funktionalisierung der Welt ihre Nutzlosigkeit... Sie sind öffentliche Zeichen der Transzendenz, nicht zwingend gekoppelt mit Fragen der Kirchenmitgliedschaft, offen auch für Formen einer individuellen Religionspraxis diesseits der Konfessionalität... Dieses wachsende Interesse an den Räumen der Religion muss der Theologie zu denken geben" (Thomas Erne). Der innovative Band faltet die skizzierte Thematik aus. Er geht auf das vom EKD-Institut für Kirchenbau und kirchliche Kunst der Gegenwart an der Philipps Universität in Marburg im September 2009 veranstaltete interdisziplinäre Forschungskolloquium zurück und diskutiert im wesentlichen die Doppelfrage, ob gelebte Religion ein relevanter Faktor für die Analyse von Räumen und ob umgekehrt auch der Raum ein produktiver Faktor für die Religion ist. "Mit der doppelten Ausrichtung der Frage, einerseits nach dem Raum der Religion und andererseits nach der Religion des Raumes ist auch eine doppelte Transzendenzvermutung verbunden. In Richtung der Materialität des Raumes lässt sich eine Schwerkraft und Stummheit der Dinge beobachten, ein Unräumliches, auf dem das Deuten und Erleben zwar aufruht, das es aber nie ganz in seinen Vollzug einholen kann. Und in Richtung der kulturellen Repräsentation des Raumes zeigt sich ein Überschuss, ein Noch-Nicht-Verräumlichtes, das über die jeweils erreichten Sinnzuschreibungen hinausweist. Insofern könnte man nicht nur von einer ‚indirekten Architektur' reden, die im Bauen ein ‚Ungebautes und Unbaubares mit entstehen lässt', sondern von einer generellen ‚Indirektheit' der Repräsentationen des Räumlichen, einer Topik, die nie ohne Heteorotopie zu haben ist" (Thomas Erne).
(ham)