C.H. Beck Wissen, München 2007, ISBN 978-3-406-56293-8, 2007, 49 s/w- und 21 Farbabbildungen, Broschur, Format 18 x 11,7 cm, € 7,90 (D)/SFR 14,60/€ 28,-- (A)
Johannes G. Deckers, bis zu seiner Emeritierung Professor der Frühchristlichen und Byzantinischen Kunstgeschichte an der Ludwig-Maximilian-Universität München diskutiert in seinem prägnanten Überblick die Frage, warum es in dem ursprünglich bildlosen Christentum zwischen 330 und 1453 zur frühchristlichen und byzantinischen Kunst gekommen ist. „Die frühchristliche und byzantinische Kunst ist fraglos die Fortsetzung der römischen Kunst, andererseits beginnt mit ihr etwas völlig Neues. Sie ist die Kunst einer imperialen Machtpolitik und zugleich eine spirituelle Kunst der Theologen. Sie ist eine Kunst der Eliten in den Metropolen, also in Rom und vor allem in Konstantinopel, aber auch die fernen Äthiopier, Normannen oder Moskowiter sehen sie als die ihre an. Sie ist eine entschieden christliche Kunst, aber ältere dionysische Motive leben in ihr länger als in jeder anderen Kunst des mediterranen Kulturbereiches fort" (Johannes G. Deckers). Die Anfänge liegen im Privaten und dort unter anderem in Siegelsteinen, in Bildern am Grab und auf Sarkophagen. Deckers geht davon aus, dass ab der Mitte des dritten Jahrhunderts die Kulträume in den christlichen Gemeindehäusern mit figürlichen Wandmalereien ausgeschmückt waren. Eine zentrale Rolle nimmt das Bild Christi und der Gottesmutter ein. „Schon die frühesten Darstellungen Christi ... verwenden den älteren ikonographischen Typus des Lehrers oder Philosophen. Meist ist Christus mit einer Tunika, einem Mantel ... und Sandalen bekleidet. Um seine göttliche Fähigkeit anzudeuten, Wunder zu wirken, wird ihm zuweilen ein Zauberstab ... in die Hand gegeben... Wie beim Entstehen des Bildes Christi wird (beim Bild der Gottesmutter) zunächst ein älterer, außerchristlicher Bildtypus adaptiert, der ihre Mutterschaft, also die Grundeigenschaft Mariens, darstellen kann. Es ist das Bild der Frau, die ihr Kind stillt oder auf dem Schoß hält. Dieser Bildtypus ist in allen älteren Kulturen des mediterranen Gebietes bei Menschen- und Götterbildern gängig" (Johannes G. Deckers). Weitere Kapitel widmen sich dem christlichen Kultbau, der Außenwirkung der byzantinischen Kunst und dem Nachleben in Neuzeit und Moderne. So haben Ikonen in den 1980er Jahren im Kampf gegen die kommunistische Vorherrschaft in den Staaten der Sowjetunion, in denen das katholische und orthodoxe Christentum lebendig geblieben ist, eine erstaunliche Wiedergeburt erlebt. „So wie sie einst mit dem byzantinischen Kaiser in den Krieg zogen oder den Verteidigern auf der Stadtmauer Beistand gewährten, so mischen sie sich nun unter die Protestierenden und gesellen sich zu den Streikenden" (Johannes G. Deckers).
(ham)