Erkundungen im Grenzbereich
Edition das Narrenschiff im Psychiatrie-Verlag, Bonn, 2010, ISBN 978-3-86739-504-3, 192 Seiten, ca. 8 s/w- und 6 Farbabbildungen, 2 Zeichnungen, Hardcover gebunden mit Lesebändchen, Format 22 x 13,5 cm, € 29,95/SFR 49,50
Die Autoren und Autorinnen des Bandes loten den vielschichtigen Grenzbereich zwischen Kunst und Verbrechen, Fiktion und Realität aus und erörtern die Übergänge zwischen Fantasie und Wirklichkeit, Wort und Tat. Im forensisch-psychiatrischen Alltag sollen Eindeutigkeiten an die Stelle von Ambivalenzen treten; Kunst setzt dagegen auf Ambivalenzen. Die Beiträge des Bandes zeigen die Durchlässigkeit, die nötig ist, um Grenzgänge zwischen Sex, Crime und Art zu wagen. So beschreibt Uwe Dönisch-Seidel eine Kunstaktion von Joseph Beuys in den USA, die die Ergreifung und Tötung von John Dillinger, einem modernen Robin Hood, zum Gegenstand hatte. Franziska Lamott sieht Valie Exports Straßenaktion von 1968 mit Peter Weibel an der Hundekette in der Wiener Innenstadt in Abu Ghraib reinszeniert: Dort führt eine Frau einen nackten Gefangenen an der Leine. Fernando Boteros Folterbilder aus Abu Ghraib von 2006 konnten zwar im Museum Würth in Künzelsau, aber nicht in den USA gezeigt werden. „Die Gefangenen in Frauenunterwäsche, gedemütigt, entehrt, gefesselt und ohnmächtig sind keine mittelalterliche Alpträume … sondern Boteros künstlerische ‚Vision der Hölle auf Erden’ …“ (Franziska Lamott). Maria Isabel Fontao und Thomas Ross gehen dem Genre ‚Kinder, die in Filmen Verbrechen begehen’ nach. Offenkundig erzeugt die Wahrnehmung unschuldiger Kinder und ihrer unheimlicher Taten bei den Zuschauern Unbehagen und Angst. Genau dieses macht den Gruseleffekt aus. Weitere Texte beschäftigen sich mit Sexualdelikten im Spiegel der Lyrik und der kurz nach der Niederschlagung der Pariser Kommune 1871 entstandenen Oper ‚Carmen’.
(ham)