Richard Rorty / Gianni Vattimo; Die Zukunft der Religion
Hrsg. von Santiago Zabala, Verlag der Weltreligionen im Insel Verlag Frankfurt am Main und Leipzig, Taschenbuch 12,, 2009, ISBN 978-3-458-72012-6, 114 S. Broschur, Format 17,6 x 10,7 cm, € 10,-- (D)
Unter dem Eindruck der nachlassenden Prägekraft der christlichen Kirchen hat man die Säkularisierung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts als legitime Folge des christlichen Glaubens interpretiert. Man ist davon ausgegangen, dass wesentliche Anstöße des Christentums wie seine Vorstellung von der Gleichheit aller Menschen vor Gott in die Rechtsprechung eingegangen sind und dort weiter wirken, auch wenn sich die institutionalisierte Religion auflöst. In der Postmoderne taucht die Denkfigur der Säkularisierung wieder neu auf, wenn auch in anderem Verständnis: Demnach verdankt sich die Wiedergeburt der Religion im dritten Jahrtausend nicht beispiellosen globalen Bedrohungen wie dem Terrorismus oder der ökologischen Katastrophe, „sondern dem Tod Gottes, mit anderen Worten der Säkularisierung des Heiligen, die im Zentrum der Entwicklungsgeschichte der westlichen Zivilisation stand…. (Der) Tod Gottes (ist) eigentlich ein postchristliches und kein antichristliches Ereignis und (wir) leben …. heute in der postchristlichen Zeit von Gottes Tod, in der die Säkularisierung zur Norm für jeglichen theologischen Diskurs geworden ist“ (Santiago Zabala).
Für den Pragmatiker Richard Rorty und den Hermeneuten Gianni Vattimo ist Säkularisierung nichts anderes als die Geschichte des schwachen Denkens. Inkarnation, Gottes Menschwerdung wird bei Vattimo als Gottes Opfer verstanden, in dem dieser seine ganze Macht und Andersheit preisgibt und alles in Menschenhand legt. Damit wird die Säkularisierung für Vattimo zum konstitutiven Merkmal einer authentischen postchristlichen religiösen Erfahrung. Das Wesen der christlichen Offenbarung reduziert sich auf die christliche Nächstenliebe. Es bleiben Solidarität, Nächstenliebe und Ironie. Alles andere wird interpretationsoffen und geht in dem hermeneutischen Diskurs der Demokraten ein. „Wie dem auch sei, die Religion ist nicht tot, … Gott ist noch unter uns…“ (Gianni Vattimo).
Der verdienstvolle Band diskutiert die Möglichkeit einer Religion ohne Theisten und Atheisten, die Zukunft der Religion nach der Metaphysik und macht verstreute Texte von Richard Rorty und Gianni Vattimo zum Thema sowie ein Gespräch zwischen Richard Rotry, Gianni Vattimo und Santiago Zabala neu zugänglich. (ham)