mit Texten von Emil Siemeister und Jacques Derrida
Königsdorf Pornóapáti, 2010, 54 S., 27 Farbtafeln, Klappenbroschur, Format 30 x 21,3 cm
Der 1954 in Deutsch-Kaltenbrunn im Burgenland geborene Emil Siemeister ist schon während seines Studiums an der Universität Wien als herausragender Zeichner und später durch Körperaufführungen, durch Performances unter erschwerten Bedingungen, Künstlerbücher, Super-8-Filme, Videobänder, DVDs und Installationen aufgefallen. Zwischen 1983 und 1986 hat er sich in großformatigen Übermalungen und Bearbeitungen mit Arbeiten aus der Sammlung Prinzhorn auseinandergesetzt und diese im Heidelberger Kunstverein ausgestellt. Links- und rechtsseitiges Zeichnen und das Zeichnen auf Vorder- und Rückseiten wird für ihn ebenso selbstverständlich wie das Zeichnen auf Löschpapieren und auf großformatigen Nylonbahnen, sich selbst durch chemische Reaktionen und Sonnenlicht erfindende Bilder und dadaistisch anmutende Poesie. Deshalb war es konsequent, im Rahmen der ersten Ausstellung der Sammlung Prinzhorn in Österreich an seine Befragung von Bildern aus der Sammlung Prinzhorn zu erinnern und seine sich selbst einsagende Körperaufführung „Sim - sa - la + Bim" zur Aufführung zu bringen: „Requisiten: Kopfbedeckungen aus Kunststoff tragbarer Lautsprecher an der Stirn- / Walkman mit Kopfhörer- / Zuspielung - Tonband Kurzwelle. Das Sprechen sollte einem anderen Rhythmus, einer anderen Aufmerksamkeit folgen. Das erreichte ich, indem ich über Walkman (Kopfhörer) den zu sprechenden Text mir selbst ein- und vorsagte, und ich den Text in Echtzeit nachsprach. Da passierte es, dass bei kurzer Abwesenheit (Nichtkonzentriertheit) Textlücken entstanden. Dieser Riss des Flusses erzeugt aber beim Zuhören eine andere Bedeutung und somit eine neue Gestalt. Ich, meinerseits, empfand bei diesen Brüchen ... keine peinliche Regung, da ich mit der unermüdlichen Jagd nach dem ultimativen programmierten Vorsprecherdouble beschäftigt war. Parallel und zeitgleich schob die geloopte Klangmaschine ihre rituellen Töne aus dem Lautsprecher an der Stirn und spannte nochmals das Maß der Konzentration auf eine höhere Ebene..." (Emil Siemeister). Dazu kam seine Körperaufführung „Die kleine Stasia (Echo in Stimmlagen)".
Sein in 400 Exemplaren vorgelegter Künstlerkatalog ‚es atmet mich' stellt unter anderem seinen Prosatext „Hülle für Hölle" und seine zu Sprachbildern erweiterte Fassung von Texten von Jacques Derrida vor. Die Serie der Kugelschreiberzeichnungen „Hülle für Hölle", 2008 schreibt diese Texte als großformatige Bilder mit Kugelschreiber auf Nylon weiter. Seine „rotierende Grammatologie", 2007, Sonnenbelichtung, Reprofolie, 80 x Ø10 cm, Acrylglaszylinder denkt die Sprache in den Raum hinein. Sein „Seelenmegaphon",2009, Lack.Löschpapier, 330 x 220 x 51x55,8 cm erinnert visuell an die unendliche und immer noch nicht abgeschlossene Suche nach der Seele. Ob je ein Megaphon erfunden werden kann, das die Regungen der Seele verstärkt, lässt der Künstler offen.
(ham)