Hrsg. von Robert Eikmeyer
Edition Suhrkamp 2656, Suhrkamp Verlag Berlin, 2012, ISBN 978-3-518-12656-1, 662 S., Broschur mit schwarzem Schutzumschlag, Format 17,7 x 10,8 cm, € 29,-- (D) / 29,90 (A)
Wer wie Louis Althusser, Zygmunt Bauman, Ulrlich Beck, Pierre Bourdieu, Karl Otto Hondrich und Jürgen Habermas in der Edition Suhrkamp veröffentlichen kann, ist im Olymp des deutschen Nachkriegsverlagswesens angelangt. Nach Robert Eikmeyer soll die ständig weiter anwachsende Textflut von Jonathan Meese mittlerweile über 50 000 DIN-A-4-Seiten aus Prosa, Poesie und Manifesten umfassen. „Eine genaue Zuordnung und Datierung war nicht immer möglich, erschwert durch die Tatsache, dass häufig dasselbe Material in unterschiedlichen Kontexten verwendet wurde. Daher wurde auf einen detaillierten Nachweis der Einzelquellen zu Gunsten einer chronologischen Nennung aller Monographien und Künstlerbücher verzichtet, ergänzt durch Angaben zu den verwendeten Lectures und Performances" (Robert Eikmeyer). Vieles ist wie das Typoskript des mehrere hundert Seiten langen Buches ‚Die Monosau' bisher unveröffentlicht geblieben. Etliche Manifeste haben es als Faksimiles in Meeses Künstlerbücher oder Kataloge geschafft, so zum Beispiel das Saalmanifest der Demut vom 22.09.2006. Es wurde erstmals im Katalog zur Meese-Ausstellung im Hospitalhof Stuttgart ‚Jonathan Meese und Helmut A. Müller in Sankt Maria Pfarr' veröffentlicht und führt jetzt in den ausgewählten Schriften die Reihe der Manifeste an. Meeses Textflut ist in ein dramatisches Spiel in vier Akten mit der ‚Diktatur der Kunst' als Höhepunkt gegliedert. Dazu kommen als Vorrede Texte unter anderem aus der Meese-Performance ‚Der Geometrische Gott (die hermetische, zeushafte Neutralität der Tyrannis)' vom 24.05.2006 in den Deichtorhallen Hamburg und als Epilog Texte zum Theater als Totalspiel und biographische Variationen wie Meeses Erzritterbiographie: „Jonathan Meese, Geburt 1970 Tokio, geborenes im Rhönrad, nah dem Kreislauf der Natur, alsbald Atlantisis, dort Babypsychologie der Präzeit, 1987 das Tier auf dem Weg hin, im totalen Rhythmus der Sauvegetation, 1988 auch, 1990 die Radikalformel gesehen: Hermetik + Neutralität = Demut /
Später als Spindel: Dr. Natyrn / dann Neutrum: Liebestotale Radikalität, lebt in Ahrensburg / Hamburg / Berlin" (Jonathan Meese). In den Deichtorhallen Hamburg hat Meese dem Spiel der Kunst am 24.05.2006 seine Ehrerbietung wie folgt erwiesen: „Dieser Abend ist vier Personen gewidmet. Eins: dem geometrischen Gott. Zwei: Ezra Pound. Drei: Meiner Mutter und Vier: Herbert Volkmann. Wer ist die fünfte Figur in diesem Spiel? Ich bin es nicht. Ich bin heute hier, um der Kunst als ihrer eigenen Weltanschauung meine Ehre zu erweisen. Kunst ist nicht unsere Weltanschauung, sondern sie ist ihre eigene und das gilt es in totaler Demut zu akzeptieren. Absolut und unerschütterlich. Wir haben in diesem Spiel überhaupt nichts verloren. Das Spiel ist offen, für die Sache, für die Kunst. Die Kunst ist frei. Sie ist total, sie ist schön und radikal. Der Künstler ist unfrei und das ist die Schönheit, wenn er in die Fratze der Kunst blicken kann. Dann muss er aber seine Befindlichkeit zu hause lassen. Er muss von sich und seinen Bedürfnissen und seinen Befindlichkeiten absehen. Der Mensch hat in diesem Spiel absolut gar nichts verloren" (Jonathan Meese). Vier Monate später gesteht er in seinem Saalmanifest der Demut dem Künstler dann aber doch eine aktivere Rolle zu: „1. Demut (Dingwelt) / 2. Neutralität (Natur) / 3. Einsatz (Total) / 4. Kampf (mache Fehler) / 5. Schmiede Deine Waffen (Sachen) / 6. Aggressivität (Tier) / 7. Großmut (Hilfe) / 8. Mystik (Führe dich in Versuchung) / 9. Hermetik (Einsamkeit) / 10. Freude (Gib sie) / 11. Tödlicher Witz (Wahn) / 12. Abenteuer (Tu es) / 13. Liebe (alles) / - Sei der Schutzherr der Saalhermetik" (Jonathan Meese).
(ham)