Der Künstler in seinen Briefen und Bildern
E.A. Seemann, Leipzig 2012, ISBN 978-3-86502-285-1, 320 S., 250 Farbabbildungen, Hardcover gebunden, Format 25 x 22,7 cm, € 39,90 (D) / 41,10 (A) / SFR 53,9
Die in New York lebende Kunsthistorikerin H. Anna Suh zeichnet 15 Jahre aus dem Leben von Vincent van Gogh anhand einer Auswahl von 150 Briefen unter anderem an seinen jüngeren Bruder Theo, die Mutter, die Schwester und Künstlerkollegen nach. Der erste abgedruckte Brief aus London an Theo ist auf April 1875 datiert und auf der Rückseite bezeichnet: „Anbei schicke ich Dir eine kleine Zeichnung. Ich habe sie vorigen Sonntag gemacht, an dem Vormittag, an dem ein Töchterchen (13 Jahre) meiner Wirtin starb. Es ist ein Blick auf Streatham Common, eine große, mit Gras bewachsene Fläche mit Eichen und Ginster" (Vincent van Gogh). Gauguins von van Gogh lange herbeigesehnter neunwöchiger Besuch in Arles endete im Streit. „Zum Schluss ihrer letzten Auseinandersetzung kurz vor Weihnachten war van Gogh dermaßen aufgebracht, dass er sich das linke Ohrläppchen abschnitt. Er kam ins Krankenhaus und der traumatisierte Gauguin verließ fluchtartig die Stadt" (H. Anna Suh). Am 23. Dezember 1888 schreibt van Gogh: „Ich glaube, Gauguin hat die gute Stadt Arles, das kleine gelbe Haus, in dem wir arbeiten und vor allem mich selber einigermaßen satt. Tatsächlich gäbe es für ihn wie für mich hier noch ernstliche Schwierigkeiten zu überwinden. Aber diese Schwierigkeiten liegen mehr in uns selbst als anderswo" (Vincent van Gogh). Sein letzter unvollendeter Entwurf eines Briefs an seinen Bruder Theo wurde nach seinem Ableben zwei Tage nach seinem Suizidversuch gefunden. Dort heißt es unter anderem: „Und in der Tat können wir unsere Bilder sprechen lassen. Und doch, mein lieber Bruder, es bleibt bei dem, was ich dir immer gesagt habe...: Für mich bist Du nicht nur ein einfacher Kunsthändler, der Corots verkauft, sondern durch mich hast Du Anteil auch am Schaffen bestimmter Bilder, die sogar im Zusammenbruch ihre Ruhe behalten. Denn soweit sind wir, und das ist alles oder wenigstens das Wichtigste, was ich Dir in einem recht kritischen Augenblick sagen kann. In einem Augenblick, wo die Lage zwischen Händlern mit Bildern toter Künstlern und Händler mit Bildern lebender Künstlern sehr gespannt ist. Und meine eigene Arbeit, nun, ich setze mein Leben dabei aufs Spiel, und mein Verstand ist zur Hälfte dabei draufgegangen - gut -, aber Du gehörst, soviel ich weiß, nicht zu den Menschenhändlern, und Du kannst, finde ich, Stellung nehmen und wirklich menschlich handeln - aber was soll man machen?" (Vincent von Gogh).
(ham)