Publikation zu den gleichnamigen Ausstellungen vom 22.09.2011 - 23.01.2012 im Centre Pompidou Paris, vom 09.02. - 13.05.2012 in der Schirn Kunsthalle Frankfurt und vom 28. 06. - 12.10.2012 in der Tate Modern London
Hrsg. von Angela Lampe, Clément Chéroux und Max Hollein mit Vorworten von Max Hollein und Stein Olav Hinrichsen und Texten unter anderem von Arne Eggum, Mai Britt Guleng, Lasse Jacobsen, Angela Lampe
Schirn Kunsthalle Frankfurt / Hatje Cantz Verlag Ostfildern, 2012, ISBN 978-3-7757-3282-6, 320 S., ca. 300 Abbildungen, Klappenbroschur, Format 30 x 23,5 cm, € 34,80 (Museumsausgabe)/39,80 (Buchhandelsausgabe)
Edvard Munch
und das Unheimliche
Publikation zur gleichnamigen Ausstellung vom 16.10.2009 - 18.01.2010 im Leopold Museum, Wien
Hrsg. von Leopold Museum-Privatstiftung mit einem Vorwort von Elisabeth Leopold und Aufsätzen unter anderem von Michael Fuhr, Xavier Tricot, Nico Kirchberger und Walter Schurian
Leopold Museum-Privatstiftung und Christian Brandstätter Verlag, Wien, 2009, ISBN 978-3-85033-364-1, 304 S., zahlreiche Farbabbildungen, Hardcover gebunden mit Schutzumschlag, Format 29,5 x 23 cm, € 39,90
Edvard Munch
Zeichen der Moderne
Publikation zu den gleichnamigen Ausstelllungen vom 18.03. - 15.07.2007 in der Fondation Beyeler, Riehen/Basel und vom 04.08. - Ende Dezember 2007 in der Kunsthalle Würth, Schwäbisch Hall
Hrsg. von Dieter Buchhart mit einem Vorwort von Ernst Beyeler, Christoph Vitali, C. Sylvia Weber und Beate Elsen-Schwedler und Texten unter anderem von Dieter Buchhart, Ulf Küster und Philippe Büttner
Fondation Beyeler/Kunsthalle Würth/Hatje Cantz Verlag Ostfildern, 2007, ISBN 978-3-905632-53-8, 258 Farb- und einige s/w Abbildungen, Klappenbroschur, Format 30,2 x 24,5 cm, SFR 68,-- (Museumsausgabe der Fondation Beyeler)
Edvard Munch
[gt][gt]... aus dem modernen Seelenleben[lt][lt]
Publikation zur gleichnamigen Ausstellung vom 03.03. - 14.05.2006 in der Kunsthalle Hamburg mit einem Vorwort von Hubertus Gaßner und Texten unter anderem von Carolin Quermann, Petra Roettig und Ulrich Luckhardt
Hamburger Kunsthalle/hachmannedition 2006, ISBN 3-939429-03-1, 192 S., Hardcover gebunden mit Schutzumschlag, Format 28,5 x 21,5 cm, € 23,--
Edvard Munch hat im letzten Halbjahrzehnt durch Ausstellungen unter anderem in Hamburg, Wien, Zürich und Frankfurt als Wegbereiter der Moderne überregionale Aufmerksamkeit erfahren. Nach Schlüsselwerken wie seiner ‚Madonna' oder seinem ‚Schrei' hatte er ab 1894 die Druckgrafik für sich entdeckt, mit den neuen Bildträgern und Materialien experimentiert und sich durch variierende Form- und Farbgestaltung neue Ausdrucksmöglichkeiten geschaffen. Die Druckgrafik stand dann auch im Mittelpunkt der Hamburger Ausstellung. Sie konnte sich unter anderem auf die im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle aufbewahrten 190 Grafiken aus allen wichtigen Werkphasen stützen. Die in der Fondation Beyeler ausgerichtete Retrospektive mit 130 Gemälden und 80 Zeichnungen und druckgraphischen Arbeiten hat mit Munchs frühem Bruch mit dem skandinavischen Naturalismus und Werken wie dem ‚kranken Kind' eingesetzt, dessen Präsentation auf Grund seiner rohen Ausführung und dem Eindruck des halbfertigen Entwurfs ein Sturm der Entrüstung ausgelöst hat. „Es kam vor, dass Munch einfach mit seinen Bildern kämpfte, er griff sie wütend an, zerriss sie und trat sie mit Füßen" (Dieter Burchhart). „Das verfluchte Bild geht mir auf die Nerven, jetzt hat es eine Rosskur nach der anderen durchgemacht und wird nur immer schlechter. Bitte seien Sie so gut und tragen Sie es auf den Boden hinauf, werfen Sie es nur hinein, so weit wie möglich" (Edvard Munch). Konsequenterweise präsentierte die Züricher Ausstellung Munch dann auch als Meister des Materials und des künstlerischen Experiments. Er überschritt die traditionellen Grenzen zwischen künstlerischen Medien wie Druckgrafik, Zeichnung, Fotografie, Collagen und Malerei. Schöpfung und Zerstörung wurden unter anderem als Auflösung der Figuren und deren Verschmelzung mit dem Hintergrund, als Kratzen in die Farboberfläche und als das Aussetzen der Werke an die Witterung, Regen und Schnee thematisiert. Mit dieser sogenannten „Rosskur" integrierte Munch den Zufall und den natürlichen Zerfall in seinen Schaffensprozess. „Nicht zuletzt durch diese Praxis steigerte sich die schon durch den häufigen Verzicht auf Grundierung und den Einsatz stark verdünnter Farbe erzielte Opazität seiner Gemälde, die dadurch gelegentlich ganz papieren wirken können" (Andreas Beyer in der Süddeutschen Zeitung Nr. 70 vom 24./25. März 2007, S. 15). Andererseits verlieh er seinen Grafiken durch Handkolorierung bildmäßige Wirkung (Andreas Beyer a.a.O.). In seiner späten Druckgrafik trat das Motiv zu Gunsten der reinen Materialität einer Holzplatte zurück, „die sowohl farblich als auch strukturell wiedergegeben wird ... (und) das Schaffen der Natur repräsentiert" (Dieter Buchhart).
Die Wiener Ausstellung beleuchtete mit dem Thema „Das Unheimliche" Munchs Ausgang aus dem 19. Jahrhundert: „Das Leben Edvard Munchs war nicht leicht, und er hat es sich auch nicht leicht gemacht. Der hochsensible, nervöse Künstler litt zeitweise sehr an der Welt und die Welt wahrscheinlich auch an ihm. Aber zugleich konnte dieser feinsinnige Künstler alle widrigen Erlebnisse, seine Leiden, Süchte und Krankheiten in sein geniales Werk einbringen. Er schuf, wenn man es so ausdrücken möchte, mit seiner Seele, und das mit voller Absicht: ‚Ich will darstellen, was ich gesehen habe'. Es war die Armut seiner Familie, die vielen Krankheiten, wie die Tuberkulose, die viele, vor allem junge Menschen dahinraffte, und letztlich litt er auch am Unverständnis der Welt - vor allem in der ersten Hälfte seines Künstlerdaseins, in dem seine bedeutendsten Werke entstanden. Er war von Anfang an originell, ein Avantgardist, seiner Zeit in seiner Ausdruckskunst weit voraus, als er 1885/86 sein Schlüsselwerk ‚Das kranke Kind' schuf, eines seiner wichtigsten Gemälde, mehrmals überarbeitet, die Malschichten in Schraffen ausgekratzt. Als er es bei einer Ausstellung in Kristiania (Oslo) 1886 als ‚Studie' benannt zeigte, erntete er Spott und Hohngelächter. Er hatte mit diesem Bild das Sterben seiner 16-jährigen Schwester Sophie dargestellt. Das Ziel des Hohnes war nicht das Thema ..., es war die neue, skizzenhaftete lockere Malweise" (Elisabeth Leopold).
Die Ausstellung in der Schirn Kunsthalle Frankfurt holt Munch wieder in das 20. Jahrhundert herein: Zwar begann Munch in den 1880-er Jahren zu malen. Aber Dreiviertel seiner Werke entstanden in der Zeit nach 1900. Der Schwerpunkt der Ausstellung liegt beim bisher übersehenen Umgang Munchs mit der Fotografie und dem Film. Munch reiste im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts ausgiebig, ging ins Kino, hörte Radio, las die internationale Presse und hatte zahlreiche illustrierte Magazine abonniert. 1902 begann er, mit einer kleinen Kodak Bull's Eye Nr. 2-Kamera zu fotografieren und machte neben Aufnahmen von seinen Gemälden und wichtigen Orten vor allem Selbstporträts. „Die von Munch seinerzeit benutzte Kodak hatte wegen der Deformationen, die ihre Weitwinkellinse produzierte, in Fachkreisen einen besonders schlechten Ruf. In der Tat finden sich bei ihm viele solche Verzerrungen, da er gezwungen war, sich sehr nah vor seinem Apparat zu postieren, um den Auslöser betätigen zu können. Ein typisches Beispiel dafür ist sein Selbstporträt ‚à la Marat', das er 1908 oder 1909 in Kopenhagen aufnahm... Es gibt ein Gemälde Munchs, das Aufschluss darüber liefert, dass ihm diese spezifisch fotografischen Verzerrungen sehr wohl präsent waren. 1906 porträtierte er Felix Auerbach, Professor für Physik an der Universität Jena... Einige Monate später gab es einen Briefwechsel zwischen Munch und Auerbach, in dem dieser den Maler bat, die Hand zu überarbeiten, da sie im Verhältnis zum Gesicht überproportional groß wirke... Nun kannte Munch dergleichen Übertreibungen allzu gut von seinen eigenen Aufnahmen her und bat deshalb Auerbachs Frau, ihren Mann in derselben Position ablichten zu lassen wie in dem von ihm gemalten Porträt.... Beim Vergleich zwischen Gemälde und Fotografie stellte er dann fest, dass sich beide genau entsprachen, und so nahm er letztlich an seinem Bild keine Veränderungen mehr vor" (Clément Chéroux). „Nach einer längeren Pause wandte sich Munch Ende der 1920er Jahre erneut der Fotografie zu. In seinem Atelier entstand eine erste Serie mit Selbstporträts. Die Transparenzeffekte, die er mithilfe langer Belichtungszeiten erzielte und mit denen er bereits zu Beginn des Jahrhunderts experimentiert hatte, diente ihm allem Anschein nach als verbindendes Element zu seiner Malerei. Eine zweite Serie mit Selbstporträts entstand außerhalb des Ateliers im Freien". Aufs Ganze gesehen erscheint es angezeigt, Munchs fotografische Praxis „nicht so sehr mit den Aufnahmen der Maler seiner Generation als vielmehr mit denen der Schriftsteller jener Zeit zu vergleichen... Munchs Lichtbildserie ist nicht nur literarisch, sondern im höchsten Grade autobiographisch" (Clément Chéroux). Im Frankfurter Katalog und in der Ausstellung werden dann weiter unter anderem das Verhältnis von Zeichnung und Fotografie bei Munch, seine Arbeiten für die moderne Bühne und Max Reinhardt, seine motivischen Wiederholungen und sein Verhältnis zu seinen Modellen behandelt.
(ham)