Wilhelm Fink Verlag, München, 2007, ISBN 978-3-7705-4353-3, 386 Seiten, kartoniert, Format 23 x 16 cm, € 49,50
Hervorgegangen aus einem Kolloquium an der Universität Bielefeld, untersucht der vorliegende Sammelband die interdisziplinären Aspekte des Sprechens und Schreibens über Kunst, die Kunstkommunikation von Laien und Experten miteinander und untereinander.
„Gibt es eine Sprache der Kunstkommunikation und wodurch wäre sie charakterisiert?“ fragt Hausendorf im Vorwort: „Und was hätte sie mit dem Kunstwerk ‚selbst‘ zu tun?“
Die interdisziplinären Aspekte ergeben sich aus den Zielen der Kommunikation: Soll die Kunst didaktisch vermittelt und erklärt werden? Wird ein kritisches Werturteil verlangt oder eine wissenschaftliche Einordnung? Wann und wie wird der Akt des Sprechens über Kunst selbst zu Kunst? Gibt es zum oft beklagten „pseudo-intellektuellen Gerede“, zum „Jargon der Deutungseliten“ nennenswerte Alternativen?
Für den (vermeintlich) gegenüber divergierenden Ansichten sich offen gebenden Kunstfreund kann es arg frustrierend sein zu lesen, wie der Über-Kunst-Sprechende immer auch selbstsüchtige Ziele der Imagebildung verfolgt. „Den Teilnehmern von Kommunikation über Kunst ist (…) vielfach nicht bewusst, in welchem Ausmaß sie und ihre Partner diese Kommunikation zur sozialen Positionierung nutzen“, schreibt Walter Kindt. Die schreibende Zunft kommt nicht gut weg, wenn von „Selbsterbauung durch Positionierung des Schreibenden als Sprachkünstler“ die Rede ist, oder wenn Kindt konstatiert, dass „Interpreten vielfach relativ apodiktisch ihre Interpretationsvorschläge als allgemeingültig erklären“, gepaart mit einer Selbstaufwertung und der Diskreditierung Andersdenkender.
Allerdings geht es den Autoren des Kolloquiums auch nicht anders und so changiert das Werk
zwischen humorigen Beiträgen zu kryptischen Kunstkritiken bis zu langatmigen „ekphratischen“ Betrachtungen, linguistischen Aspekten oder der sequenziellen Bilderschließung mit Hilfe der Aufzeichnung von Blickbewegungen.
Besonders frustrierend ist der Artikel von Christian Demand, im Verbund mit Wolfgang Ullrich gern gesehener Ich-sag‘s-jetzt-mal-ganz-deutlich-Gast bei Kunsttagungen im ganzen Bundesgebiet, wenn er dem blumig-nebulösen Kunstkritikerduktus eine esoterische und eine exoterische Funktion unterstellt: „Einerseits dient sie dem ästhetischen Prediger dazu, seine euphorische Emphase all denjenigen mitzuteilen, die dafür empfänglich sind. Andererseits aber stellt sie ein Beeindruckungsritual dar, das Skeptiker und Ungläubige daran hindern soll, sich mit kritischen Einwänden zu Wort zu melden. Das Mittel der Abschreckung ist die Beschämung.“
Also, liebe Leser: Setzten Sie sich zur Wehr! Glauben Sie nichts! Hinterfragen Sie alles Geschriebene, Gesagte und (vor allem) selbst Gedachte. Das ist zwar mühselig, aber der einzige Weg, sich selbstbewusst gegenüber den Deutungseliten zu behaupten!
Michael Reuter