Hildegard Kretschmer
Reclams Universal-Bibliothek Nr. 18909
Philipp Reclam jun. Stuttgart, durchgesehene und aktualisierte Ausgabe 2011, ISBN 978-3-15-018909-2, 488 S., 30 s/w-Abbildungen, Broschur, Format 14,8 x 9,7 cm. € 12,-- (D)/€ 12,40 (A)/SFR 18,90
Das von der Kunsthistorikerin Hildegard Kretschmer-Mellenthin erarbeitete Lexikon liefert mit seinen 800 Einträgen einen hilfreichen Schlüssel zum Verständnis von Symbolen, Attributen und bildlichen Zeichen sowohl der christlichen als auch der Profanikonographie bis zum 19. Jahrhundert. Im vorliegenden Band wird unter einem Symbol ein Sinnbild verstanden, „das auf einen höheren, abstrakten Inhalt verweist, also für etwas anderes steht. Symbolträger können geometrische Zeichen, Tiere, Pflanzen, Farben usw. sein. Unter Attribut versteht man speziell einer Person oder einer Personifikation beigegebene und diese kennzeichnende Gegenstände. Der viel umfassendere Begriff Zeichen lässt sich dagegen auf alle Informationsträger, in einem bestimmten Zusammenhang anwenden" (Hildegard Kretschmer-Mellenthin). Unter dem Stichwort „Fisch" liest man unter anderem, dass der Fisch von alters her „Sinnbild des Wassers und damit auch Zeichen des Lebens und der Fruchtbarkeit" ist. „Im christlichen Bereich war der Fisch bis zum Ende des 4. Jahrhunderts eines der wichtigen christlichen Symbole... Als Attribut von Heiligen kommen Fische beim hl. Makluvius vor, der einen Walfisch für eine Insel hielt und auf dessen Rücken eine Messe zelebrierte, bei den Aposteln Andreas und Petrus, die Fischer waren, aber auch als Hinweis auf die Menschenfischer..." Beim Stichwort Regenbogen liest man, dass er schon „bei den alten Germanen als Verbindungsbrücke von den Göttern zur Erde" galt. „In der Antike war Iris, die Göttin des Regenbogens, eine Botin. Im Alten Testament erfährt der Regenbogen als Zeichen des Bundes zwischen Gott und Noah und den Tieren nach der Sintflut und damit als Zeichen des Friedens eine weitere Bedeutungssteigerung (1. Mose 9, 11 ff.). Die Darstellung von Christus oder Gott Vater auf einem Regenbogen ist ebenfalls aus Rückbezügen auf Textstellen des Alten und des Neuen Testaments abzuleiten (Hes. 1, 28; Offb. 4,3). So ist der Regenbogen im Endgericht - und in Maiestas domini-Darstellungen sowohl als Zeichen der göttlichen Herrlichkeit als auch der Bundestreue Gottes oder als Unterpfad eines neuen Bundes für den neuen Himmel und die neue Erde zu verstehen. Nach dem im 12. Jahrhundert lebenden Gottfried von Viterbo gilt für die Symbolik der Regenbogenfarben Folgendes: Blau - Sintflut, Rot - künftiger Weltbrand, Grün - neue Erde..." Schon diese wenigen Beispiele zeigen, dass Symbole und Sinnbezüge „meist keine eindeutige(n), ja oft genug ambivalente Bedeutungen" haben. „Das den Bildinhalten zugrundeliegende Denken war sowohl im Mittelalter als auch in der Neuzeit offener und assoziativer, als wir uns das heute vorstellen" (Hildegard Kretschmer-Mellenthin).
(ham)