hrsg. von Christoph Markschies und Hubert Wolf unter Mitarbeit von Barbara Schüler, München 2010,Verlag C.H. Beck, 800 S., ISBN 978-3-406-605000, 38€.
Der Band versammelt Einzelbeiträge von verschiedenen Autoren und Autorinnen zu wichtigen Erinnerungsorten des Christentums. Der Band versteht sich als ein Beitrag zur gegenwärtigen Erinnerungskultur, wie sie beispielsweise auch in den Werken „Deutsche Erinnerungsorte" (2001) oder „Erinnerungsorte der Antike" (2006) inszeniert wird, und die von Jan Assmann unter dem Stichwort „Das kulturelle Gedächtnis" konzeptionell anhand von religionsgeschichtlichen Einsichten prominent grundgelegt ist. „Die Identität einer Gesellschaft, ihre ‚symbolische Sinnwelt', die Vertrauen und Orientierung stiftet, ist wesentlich bestimmt von prägenden ‚historischen' Erfahrungen, die immer neu erinnert und gegenwärtig gesetzt werden müssen" (Vorwort der Hrsg., S.11f). Das gilt in besonderem Maße auch für das im Judentum wurzelnde Christentum: „Das Christentum ist eine Gedächtnisgemeinschaft par excellance und ist das insbesondere im christlichen Gottesdienst" (S. 15). So erklärt sich das Spektrum der hier namhaft gemachten Erinnerungsorte, das von historischen Orten bis zu Orten im übertragenen Sinn wie Kirchenjahrereignissen (auch Katholiken- und Kirchentag) und Institutionen (Caritas und Diakonie, Familie, Schule und Vereine) reicht. Von den beiden Herausgebern stammen die Beiträge „Inquisition" (Wolf) und „Kreuz" (Markschies) sowie jeweils Sankt Martin I (Martin von Tours) und II (Martin Luther).
Unter der Überschrift „Zentralorte" werden neben dem Sinai als Ort der alttestamentlichen Gottesoffenbarung (Rudolf Smend) und Bethlehem als Geburtsort Jesu (Peter Welten) sowie Jerusalem als Stätte der Wirksamkeit Jesu (Klaus Bieberstein) die vier Städte der großen Konfessionen charakterisiert: Rom (Walter Kasper), Konstantinopel (Martin Tamcke), Wittenberg (Wolfgang Huber), und Genf (Jan Rohls).
Die Rubrik „Reale Orte" versammelt Abschnitte zu Pilgerstätten wie „Santiago de Compostela" (Sieger Köder, Eva Markschies), „Assisi" (Ulrich Köpf), und „Taizé" (Christian Albrecht) oder die Städte Dresden, Fulda, Köln, Leipzig, Regensburg und Trient.
Zu den „übertragenen Orten" werden beispielsweise gerechnet: „Bibel" (Hans-Josef Klauck), „Gesangbuch" (Christa Reich), „Kirchen" (Etienne Francois), „Predigt und Kanzel" (Johann Hinrich Claussen), aber auch „Christusbilder" (Reinhard Hoeps), „Heiliges Blut" (Wolfgang Brückner) und „Himmel - Hölle -Fegefeuer" (I Christoph Auffahrt, II Bernhard Lang). Ein Beitrag über Kirchenmusik hätte das Ganze abgerundet.
Nicht alle Artikel und Verfasser konnten genannt werden. Im Anhang finden sich zahlreiche Literaturhinweise und ein Register zu Orten, Personen und Sachen sowie die Autorinnen und Autoren. Im Band verstreut sind zahlreiche Abbildungen, die besser in Farbe gedruckt worden wären. Das tut aber den Texten keinen Abbruch, die neben dem informativen Sachgehalt gekonnt auch Atmosphärisches einfangen und sich insofern für die Entdeckungsreise an die christlichen Erinnerungsorte bestens eignen. Die Beiträge der fachlich ausgewiesenen Verfasser sind sehr lesbar und interessant geschrieben. Das Buch eignet sich hervorragend als Präsent auch bei repräsentativen Anlässen und bei Personen, die in Sachen Christentum ihren Horizont erweitern wollen und deshalb an einem guten Buch Interesse haben.
(Jörg-Michael Bohnet)