Publikation zur gleichnamigen Ausstellung vom 23.02. - 15.05.2011 in der Schirn Kunsthalle Frankfurt
Hrsg. von Pamela Kort und Max Hollein
Schirn Kunsthalle Frankfurt, Hirmer Verlag, München, 2011, ISBN 978-3-7774-3561-9, 175 S., zahlreiche s/w- und Farbabbildungen, Hardcover gebunden, Format 29,6 x 24,5 cm, € 26,80 (Museumsausgabe)/34,90 (Buchhandelsausgabe)
Das schmale, auf 40 erhaltene und eine Entstehungszeit von rund 10 Jahren begrenzte malerische Werk des 1936 in Heidenau bei Dresden geborenen Eugen Schönebeck könnte aufmerksamen Museums- und Galeriebesuchern unter anderem durch die Ausstellungen ‚14 mal 14' vom 16.03. - 22.04.1973 in der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden, ‚Eugen Schönebeck - Fred-Thieler-Preis 1992' vom 17.03. - 26.04.1992 in der Berlinischen Galerie und ‚Die Nacht des Malers. Bilder und Zeichnungen 1957 - 1966' vom 14.06. - 02.08.1992 in der Kestner-Gesellschaft Hannover bekannt sein. Gleichwohl ist es „praktisch aus der gegenwärtigen Kunstgeschichte herausgestrichen worden" (Pamela Kort). Dafür gibt es für Kort mindestens drei Gründe: 1. Die Überfokussierung auf die Jahre 1961 und 1962, in der er mit Georg Baselitz zusammen gearbeitet und die beiden Manifeste ‚Pandämonium I und II' verfasst hat, 2. die unkritische Tendenz, das darauf folgende Werk auf die Baselitz'sche Ästhetik zu beziehen und dadurch Schönebeck zur Nebenfigur von Baselitz werden zu lassen und 3. der uneinheitliche Stil des überlieferten Werks und den Abbruch der öffentlichen Karriere als Maler in den 1966er Jahren. Nach Korts Neubewertung des Werks von Schönebeck hat dieser spätestens 1965 eine ausgereifte Ästhetik entwickelt, „in die sein frühes Interesse am ‚Sehen der politischen Symbole als Kunst' eingegangen war. Das Ergebnis war eine neuartige von existentialistischem Engagement durchdrungene Porträtmalerei, die im 21. Jahrhundert noch keinen wirklichen Nachfolger gefunden hat" (Pamela Kort). Zu seinem 75. Geburtstag sind in der Schirn Frankfurt 35 der erhaltenen 40 Gemälde und rund 40 Zeichnungen dieses Pioniers der figurativen Malerei in Deutschland zusammen getragen worden. Nach informellen Anfängen sind vier auffällige Kreuzigungsszenen und danach großformatige Porträts unter anderem Wladimir Majakowski, Boris Pasternak, Lenin, Trotzki und Mao entstanden. In seiner ersten Kreuzigungsszene „steht im Mittelpunkt der Leinwand ein großes T-förmiges Kruzifix. Der große, fleischige Kopf setzt sich von tiefen Magenta-Tönen ab. In diesem von zwei finster blickenden Augen beherrschten Gesicht artikuliert sich ein alles durchdringendes Sehen, das den Tod überdauert. Hier geht es jedoch nicht um Seelenwanderung ... ‚Das Kreuz' (führt) ein anderes Gesicht der inneren Disposition Schönebecks vor Augen, eines, das den Künstler als eine Art Märtyrer zeigt, dem nichts entgeht... Das Kreuz lässt erahnen, wie ein ... postapokalyptischer Zustand gemalt aussehen könnte. Man beachte ... den zerfallenden Körper der sich gegen das Kreuz abzeichnenden Figur ... Sollte diesem Gemälde ein Slogan beigegeben werden müssen, könnte er lauten: ‚Vergesst die Auferstehungslüge! Der Fall der Menschheit steht bevor!'" (Pamela Kort). Nach Kort ist dieser Gekreuzigte also alles andere als der „wahre Mensch", den der Hauptmann im gekreuzigten Nazarener erkennt (vgl. Lukas 23, 47). In seinem 1964 entstandenen 220 x 189 cm großen Gemälde ‚Der wahre Mensch' ist der neue und wahre Mensch der, der sich in die kommunistische Vorstellung des Kollektivs eingliedert. „Und das war der Anfang vom Ende seines Interesses an der Staffelmalerei mit all ihrem bürgerlichen Drumherum" (Pamela Kort). Der Kommunismus ist zur ideologischen Heimat geworden. Das Gemälde zum polit-religiösen Symbol.
(ham)