Verlag C.H. Beck Wissen in der Beck'schen Reihe Nr. 2505, München 2009, ISBN 978-3-406-59112-9, 127 S., 20 s/w- und 21 Farbabbildungen, Broschur, Format 18 x 11,8 cm, € 7,90(D)/SFR 14,50/€ 8,20 (A)
Der am 17. Mai 1510 auf dem Friedhof von Ognissanti begrabene Sandro Botticelli (1444/45 - 1510) gehört mit Leonardo da Vinci, Michelangelo Buonarroti und Raffael zu den bedeutendsten Künstlern der Renaissance. Anders als seine jüngeren Kollegen bleibt er ein Kind des 15. Jahrhunderts und spielt noch nicht mit dem Typus des gottgleichen Künstlers. Gleichwohl zählt er zu den wichtigsten „Gestalten und Gestaltern der nachantiken Kulturgeschichte" und hat in den Gattungen des Altarbilds, des autonomen Porträts und der mythologischen Gemälde, „als dessen eigentlicher Erfinder" er bis heute gilt, Außerordentliches geleistet (Frank Zöllner). Besprochen werden unter anderem Botticellis religiöse Gemälde ‚Rückkehr der Judit nach Bethulia' (um 1469/70, Tempera auf Holz, 31 x 24 cm) und die ‚Auffindung der Leiche des Holofernes' (um 1496/70, Tempera auf Holz, 31 x 25 cm), sein Fresko ‚Aufruhr gegen das Gesetz Mosis (Die Rotte Korah) (1481/82, 384 x 570 cm) für die Sixtinische Kapelle und aus der Spätphase seine Malereien ‚Mystische Kreuzigung' (um 1497 - 1502) und ‚Mystische Geburt' (um 1501). Sein Porträt der sogenannten Smeralda Brandini (um 1475 - 1480?) zählt für Frank Zöllner zu den bedeutendsten Frauenbildnissen in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts. „Ohne Vorläufer im Florentiner Frauenporträt sind ... die beiden wichtigsten Elemente in Botticellis Gemälde: die Darstellung der jungen Frau im Typus des Dreiviertelporträts und ihre fast vollständige Hinwendung zum Betrachter. Diese Charakteristika behielt man in Florenz bis dahin männlichen Bildnissen vor. Für ein Frauenproträt ungewöhnlich waren schließlich auch die Maße [65,7 x 41 cm]" (Frank Zöllner). Seinem Hauptwerk ‚Primavera', 1480 - 1482, Tempera auf Pappelholz, 203 x 314 cm, sind ein eigenes ausführliches Kapitel von 14 Seiten und eine doppelseitige Farbtafel gewidmet. Das großformatige Gemälde war ursprünglich für das Schlafzimmer der Semiramide Appianis im Stadthaus der jüngeren Medici-Linien Florenz bestimmt. Es sollte sie mit der politisch motivierten Heirat mit Lorenzo di Pierfrancesco de' Medici versöhnen und auf die aus ihrem Schoß erwarteten Nachkommen einstimmen. Die eigentliche Bedeutung der ‚Mystischen Kreuzigung' und der ‚Mystischen Geburt' „ergibt sich aus einer genauen Kenntnis der politischen und religiösen Ereignisse der 1490er Jahre, die einerseits durch die endzeitlichen Predigten Savonarolas und andererseits durch die militärischen Bedrohungen ab 1494 geprägt waren. Florenz sah sich den marodierenden Soldaten Cesare Borgias ebenso ausgesetzt wie den Truppen Karls VIII. und Ludwigs XII. von Frankreich. Der Einfall dieser Truppen in den Jahren 1494 und 1499 wurde allgemein als Erfüllung savonarolanischer Prophezeiung gedeutet, denn der radikale Prediger hatte schreckliche Plagen für Italien und Florenz vorausgesagt, und diese Plagen sollten dem Beginn einer neuen Zeit vorangehen" (Frank Zöllner).
(ham)