Publikation zur gleichnamigen Ausstellung im Forum der Draiflessen Collection, Mettingen vom 16.10.2010 - 09.01.2011
Hrsg. von Alexandra Dern und Ursula Härting mit Texten unter anderem von Markus Vinzent, José Juan Pérez Preciado, Léon Lock und den Herausgebern
Draiflessen Collection, Mettingen, 2010², ISBN 978-3-942359-00-9, 320 S., zahlreiche s/w- und Farbabbildungen, Klappenbroschur, Format 32 x 24 cm, € 40,--
Der Prachtband und die Ausstellung verdanken sich der Möglichkeit, die sogenannte Cumberland-Serie von Peter Paul Rubens aus- und in den Kontext von anderen Apostelserien zu stellen. Dazu kommen ausgewählte Exponate zum Vaterunser und zum Rosenkranz. Über viele Jahrhunderte haben Christen diese Gebete regelmäßig und mehrfach am Tag gebetet und sich dabei ihres christkatholischen Glaubens vergewissert. „Die Ausstellung geht erstmals der Bedeutung dieser drei Gebete für die Kunst nach. Ihren Schwerpunkt bildet die spannungsreiche Epoche des ausgehenden 16. und des beginnendes 17. Jahrhunderts, die Zeit der Konfessionalisierung ... Nach (dem der Endzeit gleichgesetzten Bildersturm) ... setzte auf der katholischen Seite eine umfängliche Produktion von Altären für die öffentliche Andacht und von Staffeleibilder für die private Glaubenspraxis ein. Ärmere Bevölkerungskreise bedienten sich eher der kostengünstigeren Druckgrafik. Infolge des Konfliktes kam es zu einer Intensivierung der Volksfrömmigkeit. Auf katholischer Seite zeigte sich dies in den mit Gebeten verbundenen Prozessionen, Wallfahrten und den wieder aufblühenden Bruderschaften. Auf dem Konzil von Trient (1545-1563) ... blieb ... die Auffassung (unbestritten), die Gläubigen mit Bildern unterrichten und darüber im Glauben festigen zu können. Im Wissen um die damaligen Mysterienspiele, das Jesuitentheater, die Apostelspiele und die Tableaux vivants ist ein Bildgebrauch zu erkennen, der sich vom heutigen unterscheidet ..." (Ursula Härting). Für protestantische Leser bietet der Band die seltene Gelegenheit, sich in die bildnerische Glaubenswelt der Gegenreformation einzufühlen und deren Hintergründe zu erforschen. Er lernt unter anderem, dass die sieben Bitten des Vaterunsers schon im 11. Jahrhundert illustriert worden sind und dass in der Verbindung von Bild und Gebet das Bild das Gebet schließlich gewissermaßen ersetzen konnte. Weiter, dass einzelne Aussagen des Credos mit einzelnen Aposteln verbunden und als aus der Kraft des Heiligen Geistes geschaffen geglaubt worden sind und dass die Apostelserien mit Legenden aus der Legenda aurea des Jacobus de Voragine aufgeladen waren. Credo, Vaterunser und Rosenkranz wurden „mal laut in der Gemeinschaft, mal leise geflüstert oder still für sich gebetet. Illustrationen sollten dem Gläubigen die innere Versenkung erleichtern und konnten als Gedächtnishilfe dienen. Nach einem Diktum Papst Gregors des Großen (ca. 540-604) sollten die Leseunkundigen in geistlichen Bildern ‚lesen', was sie in Büchern nicht zu lesen vermochten. Dabei lassen sich in Bildgebeten unterschiedliche Formen ausmachen. Anleitungen zum Gebet gab es im Kirchenraum ebenso wie in besonderen Gebetbüchern mit Illustrationen. Auch Bilderbibeln dienten ... für den persönlichen Gebrauch zur Verinnerlichung und Kontemplation eines jeden Gläubigen beim Beten - und das auf beiden konfessionellen Seiten. In dieser Anschaulichkeit und Unterstützung des Betens liegt vermutlich der Erfolg weiter illustrierter Gebete ... (Ein) Wort Papst Gregors (dient) dem besseren Verständnis für eine vergessene, suggestive Empathie: Nach Gregor sollte das Herz beim Anblick der Abbilder von Christus und Maria sowie von Petrus und Paulus täglich entflammen" (Ursula Härting). Die Aufsätze setzen sich unter anderem mit dem religiösen Kunstschaffen im Zeitalter der katholischen Reform, Rubens' Apostelgruppe im Prado in Madrid, den Apostelgruppen von El Greco und Nicolas Ryckemans und dem Rosenkranzgebet und seiner Umsetzung in der Kunst des 15. bis 17. Jahrhunderts auseinander. Die ausgestellten Werke werden in großformatigen Farbtafeln reproduziert und ausführlich besprochen. Der umfangreiche Anmerkungsteil belegt, dass die Autoren auf der Höhe der Zeit argumentieren. Dem Band sind weitere Auflagen zu wünschen.
(ham)