C.H. Beck Wissen, München 2008, ISBN 978-3-406-57764-2, 128 S., 29 s/w- und 14 Farbabbildungen, Broschur, Format 18 x 11,7 cm, € 7,90 (D)/SFR 14,90/€ 8,20 (A)
Dietrich Erben, Professor am Kunstgeschichtlichen Institut der Ruhr-Universität Bochum, erinnert in seiner Einleitung in die Geschichte der europäischen Barockkunst von ihren Anfängen in Rom um 1600 bis zu ihrem Ausklang im Rokoko an die Erfindung des Begriffs im ausgehenden 18. Jahrhundert: Ursprünglich abwertend gemeint wird ‚Barock' erst im Verlauf des 19. Jahrhunderts als wissenschaftlicher Epochenbegriff etabliert. „Den Zeitgenossen des 17. und des frühen 18. Jahrhunderts wäre es nicht in den Sinn gekommen, vom ‚Barock' zu reden. Die Namen, die sie der Kultur ihrer Zeit gaben, und die Art und Weise, wie sie diese charakterisierten, haben auf den ersten Blick wenig mit der künstlerischen Prosperität und mit den überwältigenden Produktivkräften zu tun, die man heute mit der Epoche assoziiert. Sie verweisen ganz im Gegenteil auf deren zerstörerisches Potential. Im Zeitalter der Türkenkriege, des Dreißigjährigen Krieges, des Spanischen Erbfolgekrieges und nicht zuletzt der zahllosen Bürgerkriege und Revolten war die Rede vom ‚eisernen Jahrhundert' oder vom ‚martialischen Saeculum'. Der geschichtliche Schauplatz der Ägide des Kriegsgottes Mars war das ‚Theatrum Europaeum'" (Dietrich Erben). In acht Kapiteln wird unter anderem die Erfindung einer schon in der antiken Rhetorik angelegten sinnlichen Bildsprache diskutiert, die auf affektive Überredung (barockes Pathos), rationales Argument (logos) und das durch die Vernunft erkennbare sittlich Richtige (ethos) setzt. „Der Appell an die Affekte des Betrachters als Ansporn für dessen eigenes Handeln wird letztlich erst durch die formal sinnvoll vorgetragene und in ihrem ethischen Gehalt exemplarische Mitteilung legitimiert. Dabei zielt die oftmals nur zu deutliche Anverwandlung von Figuren aus dem Repertoire der Antike oder der Renaissance darauf ab, die Allgemeingültigkeit der Bilderzählung zu untermauern. Das Überschreiten der ästhetischen Grenze, das Vordringen des Kunstwerks in den Realraum des Betrachters soll wie die gleichzeitige dramatische Zuspitzung des Handlungsmoments dem Bild argumentativen und affektiven Nachdruck geben" (Dietrich Erben). In weiteren Kapiteln werden unter anderem das selbstbewusste, beredte Bild und die Repräsentation des absoluten Staats im Frontispiz des ‚Leviathan' von Thomas Hobbes und im Gesamtplan von Stadt, Schloss und Park in Versailles von Pierre Le Pautre vorgestellt. Schließlich kommen die barocken Bildwelten des Wissens als Wissensspeicher (Bibliotheken als sichtbare Quellen der Vergangenheit), als Schriftquellen, als dingliche Relikte, als Illustrationen, als Bildatlanten, als Bildquellen der Zeitgenossen (so als Medaillen, Schau- und Gedenkmünzen und als Flugblätter) und als Embleme in den Blick.
(ham)