Publikation zur gleichnamigen Ausstellung vom 10.12.2006 - 11.02.2007 in der Villa Merkel, Galerie der Stadt Esslingen, hrsg. von Andreas Baur mit Texten unter anderem von Renate Puvogel, Anja Oswald und einem Gespräch zwischen Cornelia und Holger Lund und Ulrike Flaig, Villa Merkel, Galerien der Stadt Esslingen/Hatje Cantz Verlag Ostfildern, 2007, ISBN 978-3-7757-2061-8, 168 S., zahlreiche Farbabbildungen, Hardcover gebunden mit Schutzumschlag, Format 29,6 x 23,4 cm, € 39,80
Das künstlerische Werk der 1962 in Esslingen geborenen und heute in Berlin und Stuttgart lebenden Ulrike Flaig nimmt durch seine Ausdifferenzierung der bildnerischen Mittel und Methoden, seine Vernetzung und Übergänge zwischen den Medien und seine gleichberechtigte Behandlung von Zeichnung, Skulptur, Installation, Modell, Foto und Film eine Sonderstellung im gegenwärtigen Kunstschaffen ein. Wenn ein Material für Ulrike Flaig kennzeichnend ist, ist es die halbdurchlässige Spiegelfolie, in der der Betrachter und die Umgebung in ungezählten Varianten wahrgenommen werden können. Renate Puvogel spricht in ihrem Essay zum Katalog deshalb zu Recht zusammenfassend von Transformationen. Sie leitet ihren Beitrag mit der Beschreibung der Flaigschen Arbeit „Das Ganze ist mehr als die Summe der Teile" ein. Die Arbeit stammt von 1996 und besteht aus einem bis auf seine kleinsten Äste zerlegten Tannenzweig, der mittels langer Bindfäden Ast für Ast verknüpft wurde und so zu einem Mobile geworden ist. An diesem Tannenzweig-Mobile entwickelt Puvogel die für die Übergänge zwischen den Medien und Materialien grundlegenden Begriffe von Form, Bewegung, Raum und Zeit. An die Stelle der absolut gültigen Form ist auch bei Flaig der Vorschlag, die Bildmetapher, das Gleichnis und vor allem das Modell dessen getreten, was nicht darstellbar ist. Flaig stellt in die Mitte des Lichthofs der Villa Merkel das Modell der Ausstellung. Es hat ihr während ihrer Vorbereitung als Arbeitshilfe gedient und stand dann im Zentrum der Schau. „Aus einem an der oberen Balustrade anmontierten Infusionsständer fällt in langsamem Rhythmus ein Wassertropfen in eine schäbige Metalldose inmitten des Modells hinab ... Man hört sein Auftreffen und bemerkt flüchtig das kleine schimmernde Etwas, das weder ganz dem Materiellen noch dem Immateriellen zuzurechnen ist. Eine Überwachungskamera nimmt den sich vom Wasserreservoir lösenden Tropfen auf, die Wiedergabe verwandelt das unscheinbare Ereignis zu einer imposanten, bewegten Farbimpression auf einer Wand im Treppenhaus ... Zu sehen ist der Tropfen in Gestalt einer Lichtquelle und eines Lichtballs, dessen Oberfläche zur Reflexionsquelle von sich kontinuierlich verändernden Raumsegmenten wird. Der Tropfen übernimmt also sowohl die Rolle eines Empfängers als auch die eines Senders. Das alltägliche minimale Ereignis eines fallenden Tropfens mutiert durch räumliche und zeitliche Ausdehnung zu einem faszinierenden abstrakten Film der gewissermaßen die gesamte Installation im Atrium als Konzentrat sammelt" (Renate Puvogel).
Der Katalog dokumentiert die Esslinger Ausstellung im Rahmen ihres Gesamtwerks und darüber hinaus Flaigs Kunst am Bau-Projekte „Können Sie mir bitte mal das Salz reichen?" Universität Freiburg, Gesamtgestaltung des Erweiterungsbaus der Mensa I, 2000 - 2003 und „Space in Motion", Speisesaal des Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart, 2004 - 2005.
(ham)