Hrsg. von Peter Weibel mit Texten unter anderem von Michael Mertin, Jörn Müller-Quade und dem Herausgeber
ZKM/Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe, Verlag Scheidegger [&] Spiess, Zürich, 2010, ISBN 978-3-85881-308-4, 448 S., zahlreiche Farbabbildungen, Leinen gebunden mit Schutzumschlag, einer DVD und Faximiles von Heiner Müller und Peter Weibel, Format 32,5 x 27 cm, € 69,--
Peter Weibel sieht seine These von der Ablösung der Repräsentation im Bildraum im 20. Jahrhundert durch die Präsentation im Realraum und in Echtzeit in rosalies Lichtkunst einmal mehr bestätigt. „Einer der wichtigsten Agenten bei diesem Wechsel von der Repräsentation zur Präsentation war das Licht ... Das Licht wurde nicht nur zur Sprache der Malerei, sondern auch zur Sprache der Bühne. Die Szenografie wurde zur Luminographie. Bei niemandem spielt das Licht so eine zentrale Rolle auf der Bühne wie bei rosalie... Sie hat das Lichtspiel vom Bild auf die Bühne transferiert. Mit Licht ausstrahlenden Objekten hat sie den Bühnentraum in einen Lichtraum verwandelt, der zwischen Malerei und Architektur changiert. Gemäß den Quellen der Lichtkunst hat sie aber ihre farbigen Lichter im realen Raum und in Echtzeit zur Musik in Beziehung gesetzt. Sie hat also den synästhetischen Faden der Lichtkunst weitergesponnen. So entwickelte sie die klassische Farbmusik ... zur aktuellen Lichtmusik beziehungsweise Lichtkomposition. Ihre Kunst des realen Lichts ist also Malerei und Musik, ist Lichtarchitektur und Lichtbühne....Gleichzeitig setzt sie ihre zwei- und dreidimensionale Lichtkunst in Beziehung zur Bewegung der Körper, zum Tanz... Gleichzeitig mit den Lichträumen entstehen Klangräume... So entwickelt rosalie im Laufe der Jahre ein eigenständiges heliografisches Universum. Von Dan Flavin bis Zdenek Pešánek, von Viking Eggeling bis Thomas Wilfred, von Derby von Wright bis László Moholy-Nagy vereinigt rosalie alle Formen der Lichtkunst zu einem universalen Theater des Lichts" (Peter Weibel). Nach László Moholy-Nagy gehört das 20. Jahrhundert dem Licht. Für Peter Weibel hat rosalie Moholy-Nagys Leitbild wahr gemacht.
Der über 4 kg schwere Prachtband stellt unter anderem rosalies kinetische Lichtskulptur ‚Chroma_Lux', 2009 vor, die für die Künstlerin „Malerei, Zeichnung, Skulptur, Architektur - aus Licht" ist: „alles simultan in ständigen Metamorphosen von Farbe, Rhythmus, Struktur und Zeit" (rosalie) Die kinetische Lichtskulptur wird während ihrer Präsentation im ZKM von mehreren Lichtkompositionen als ‚Work in progress' bespielt. Während der 3. Internationalen Biennale für zeitgenössische Kunst vom Oktober 2008 bis Januar 2009 in Sevilla wurde rosalies interaktive kinetische Lichtskulptur ‚Helios-La nube luminosa' im Monasterio de la Cartuja de Santa Maria de las Cuevas, einer Klosterkirche aus dem 15. Jahrhundert präsentiert. Der historisch-sakrale Ort wird unmittelbar ins Licht des 21. Jahrhunderts versetzt. Licht und Farbigkeit reagierten mittels Sensoren auf den Besucher. Raum, Zeit und Geschwindigkeit des Lichts wurden vom Akt der Bewegung beeinflusst. „So konnte jeder Besucher seine eigene Wolke malen" (rosalie). Neben den autonomen Werken der Lichtkunst stehen Arbeiten im Kontext von Konzerten wie das Konzert für Licht und Orchester ‚Hyperion' von Georg Friedrich Haas (Uraufführung am 22. Oktober 2006 bei den Donaueschinger Musiktagen). Arbeiten im Kontext von Tanz und Theater wie das Bühnenbild und Lichtobjekte zu Uwe Scholzens Ballettabend ‚Stabat Mater' (Premiere 29. Februar 1984 im Staatstheater Stuttgart), das Bühnenbild, die Lichtinstallation und die Kostüme zum Ring der Nibelungen in den Bayreuther Festspielen 1994 bis 1998 und Lichtprojekte wie die temporäre Raumskulptur ‚Wo Dein sanfter Flügel weilt ...' auf der Pegnitz für die Blaue Nacht am 27. Mai 2006 in Nürnberg. Dazu kommen Essays über Licht und Optik aus wissenschaftlicher Sicht, biografische Angaben und ein ausführliches Werk- und Ausstellungsverzeichnis. Es ist an der Zeit, rosalie mit ihrer Lichtkunst für Projekte im Umfeld von Kirche, Kunst und Religion zu gewinnen.
(ham)