Publikation zur gleichnamigen Ausstellung vom 20.11.2010 - 02.01.2011 im Kunstverein Wilhelmshöhe Ettlingen
Hrsg. vom Kunstverein Wilhelmshöhe Ettlingen und Neo Rauch mit Texten von Clemens Meyer, Neo Rauch und einem Vorwort von Brigitte Ruland-Mollien und Sebastian Baden
Kunstverein Wilhelmshöhe Ettlingen/Salon-Verlag, 2010, ISBN 978-3-89770-381-0, 136 S., zahlreiche Farbabbildungen, Broschur mit Schutzumschlag, Format 23,5 x 18,9 cm, € 22,--
Ettlingen liegt grob gesprochen rund 10, 15 km südlich von Karlsruhe am Fuß des nördlichen Schwarzwalds, Leipzig von Ettlingen aus gesehen nordöstlich. Auch wenn „der ehemalige Osten durch Globalisierungsverrückungen über Nacht zum Norden wird ... und sich keine Magnetnadel dieser Welt auf diese Situation umstimmen lässt, ... kommt es in den Malerateliers darauf an, mit ruhiger Entschlossenheit die eigene Position auszubauen ... und dadurch womöglich selbst zum Orientierungspunkt für Vorübergehende und Schwankende zu werden". Neo Rauch, der das schreibt, ist selber zu einem solchen Orientierungspunkt geworden. Er gilt als einer der Hauptvertreter der sogenannten Neuen Leipziger Schule und betreut über seinen spektakulären Rückzug von seiner Malereiprofessur an der Hochschule für Graphik und Buchkunst Leipzig hinaus die Arbeiten seiner Meisterschüler weiterhin als Honorarprofessor. Die in Ettlingen gezeigten Malereien und Zeichnungen seiner derzeitigen Meisterschülerklasse bestechen durch ihre Vielfalt, ihr handwerkliches Können und ihre formale Perfektion. Einzelne Arbeiten wie David O'Kanes ‚Cut', 2009, Öl auf Leinwand, 210 x 300 cm erinnern entfernt an die Rauchschen Bilderrätsel: In einem verlassenen abgedunkelten Salon sind die Möbel, Stühle und Tische durch schwere weiße Laken abgedeckt. Auf dem Tisch im linken Vordergrund steht eine spektakulär gemalte Grünpflanze ein Philodendron. Vor dem Tisch kniet ein Hausverwalter oder Gärtner. Er trägt Handschuhe und ist dabei, die Pflanze mit einer Heckenschere abzuschneiden. Andere Arbeiten O'Kanes wie die Porträtfolge ‚Stills (Carol Anne)', 2010, Öl auf Leinwand und Animation, 50 x 40 cm, gehen völlig eigenständige Wege. Rauch kommt es offensichtlich auf keine Schulgründung an. Wesentlicher ist für ihn, dass, wer sich heute der Malerei verschreibt, dazu berufen sein sollte, weil wer in diesem Metier Jahrzehnte braucht „um seine Maßstäbe in den Grund zu treiben ... Malerei (ist) eine Lebensentscheidung und kein bei Bedarf zu aktivierendes Diskursmedium... Dies hielt man (in Leipzig) in Zeiten aufrecht, wenn ein starker Ostwind die Fassade des Schulgebäudes beschliff und auch in Zeiten, in denen der ehemalige Westen der Nordpol für die meisten Akademiekompassnadeln war" (Neo Rauch).
(ham)