Briefe an Dr. Leo Eloesser
ausgewählt von Marion Hertle mit einem Vorwort von Carlos Monsiváis und erläuternden Anmerkungen zu den Briefen,
SchirmerGraf Verlag München, 2010, ISBN 978-3-86555-071-2, 157 S., mit 7 Abbildungen von Gemälden von Frida Kahlo, zwei Abbildungen von Kleidungsstücken aus Frida Kahlos Garderobe und Abbildungen von Autografen und Vignetten der Künstlerin, Hardcover gebunden mit Schutzumschlag und Lesebändchen, Format 19,5 x 12 cm, € 17,90
Am liebsten wäre Frida Kahlo am 7. Juli 2010 und damit zeitgleich mit der mexikanischen Revolution 100 Jahre geworden. Konsequenterweise hat sie ihren Geburtstag auch auf den 07.07.1910 umdatiert. In Wirklichkeit wurde sie aber 06.07.1907 in Coyacán geboren. Zwischenzeitlich gilt sie als bedeutender als ihr Mann, der Maler Diego Rivera. Das mag unter anderem an ihren 55 Selbstbildnissen liegen, in denen sie sich und ihr durch einen Geburtsfehler, einen schweren Unfall und durch Krankheit und Schmerzen geprägtes Leben neu erschaffen hat. Das mag weiter auch ihrer offenen Ehe und zahlreichen Affären geschuldet sein, mit denen sie zu einer der großen Vorläuferfiguren emanzipierten Frauseins geworden ist. Retrospektiven zum Datum ihres selbst gewählten Geburtstags wie die im Martin-Gropius-Bau in Berlin untermauern ihre Bedeutung. Der bei SchirmerGraf erschienene Band ‚Frida Kahlo, Geliebter Doctorcito…’ versammelt ihre Briefe an ihren wichtigsten, engsten und mit ihr befreundeten Leibarzt aus dem Zeitraum 1930 bis 1950 und Briefe von ihm an sie. Spätestens ab 2. November 1940 ist man per Du. Man rätselt, ob der Arzt zum Liebhaber geworden ist: „Lieber Doctorcito, ich vermisse Dich so sehr … Sag mir, wie es Dir geht und was Du so machst. Sag mir, ob Du mich vermisst. Du weißt gar nicht, wie dankbar ich Dir bin, dass Du mich in New York besucht hast. Ich hab dich sehr, sehr lieb… Viele Küsse schickt Dir Deine Frida.“ Thematisiert werden unter anderem medizinische Fragen wie die, ob angeratene Operationen sinnvoll erscheinen und ob es angesichts ihres Gesundheitszustandes ratsam ist, eine Schwangerschaft auszutragen oder nicht. Thematisiert werden aber auch Ihre Auseinandersetzungen mit ihrem Mann und Fragen des Einsatzes gegen den europäischen Faschismus. Es ist erstaunlich, wie lebendig die Briefe im Abstand erscheinen und man fragt sich, was man von heutigen Zeiten noch wissen wird, wenn man weitgehend nur noch telefoniert, simst und E-mails verschickt.
(ham)