Publikation zur gleichnamigen Ausstellung im Centre National d’Art et de Culture Georges Pompidou vom 10.03. – 19.07.2010 mit Texten unter anderem von Alain Seban, Alfred Pacquement, Cécile Debray, Éric Darragon, Jean Clair, Laurence des Cars, Philippe Comar, Richard Shiff und einer Chronologie von Elsa Urtizverea
Hirmer Verlag, München, 2010, ISBN Europe 978-3-7774-2681-5, Edition in English, 256 S., zahlreiche s/w- und Farbabbildungen, Hardcover gebunden, Format 30,7 x 24,2 cm, € 44,90
Der 1922 in Berlin geborene und seit den frühen 1930er-Jahren in England lebende Sigmund Freud-Enkel Lucian Freud gilt als einer der bedeutendsten lebenden realistischen Maler. Möglicherweise hat er von seinem Großvater die Gabe der messerscharfen Beobachtung geerbt. Er nützt sie aber nicht wie dieser zur Erforschung der Seelenlandschaften und der sexuellen Triebe, sondern zur Darstellung von in aller Regel nackten Menschen, Gärten und Hunden. Auffällig der unverstellte detailgetreue realistische Blick auf die primären Geschlechtsorgane und das gelegentlich aus der Form geratene üppige Fleisch wie beim weiblichen Akt ‚Sleeping by the Lion Carpet’, 1995 – 1996, Öl auf Leinwand, 228,6 x 121,3 cm. „I want paint to work as flesh … I have always had a scorn for ‚la belle peinture’ and ‚la delicatesse des touches’. I know my idea of portraiture came from dissatisfaction with portraits that resembled people. I would wish my portraits to be of the people, not like them. Not having a look of the sitter, being them … As far as I am concerned the painting is the person. I want it to work for me as flesh does“ (Lucian Freud). Er will also, wie so viele Maler vor und nach ihm, nicht einfach Bilder malen, sondern Personen. Sich selber sieht er als Biologe. „I am a biologist“ (Lucian Freud). Der prächtige Band thematisiert unter anderem Lucian Freuds Beziehung zu seinem Freund und Konkurrenten Francis Bacon, seinen Dialog mit Malern wie Watteau, Constable und Cézanne, das Echo des Realismus in seinem Werk und die Rolle seines Studios. Aufnahmen aus dem Studio während des Arbeitsprozesses erlauben es, die realisierten Malereien mit den Modellen und der Situation zu vergleichen. Die eigene Antwort auf die Frage, ob der Großvater Sigmund oder der Enkel Lucian der größere Realist ist, zeigt, was man selber unter Realismus versteht.
(ham)