Hrsg. von Jörg Völlnagel und Moritz Wullen zur gleichnamigen Ausstellung vom 28.10.2008 – 15.02.2009 in der Kunstbibliothek in den Sonderausstellungshallen – Kulturforum Potsdamer Platz - der Staatlichen Museen zu Berlin
Staatliche Museen zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz / Hirmer Verlag, München, 2008, ISBN 978-3-7774-5045-2, 232 S., zahlreiche s/w- und Farbabbildungen, Broschur, Format 30 x 24 cm, € 39,90
Der Katalog diskutiert die Doppelthese, dass der Künstlerkult unsterblich und Unsterblichkeit zugleich das eigentliche Ziel des Künstlerkults ist (Peter-Klaus Schuster). Er setzt ein mit dem Porträt von Jonathan Meese als Künstlerstar unserer Tage im Habitus von Dürers christomorphem Selbstbildnis neben der Büste der Nofretete in Schinkels altem Museum und endet mit künstlerischen Reflexionen über den Tod unter anderem von Arnold Böcklin, Jörg Immendorf und Bruce Naumans Filmstills ‚Violin tuned DEAD’ von 1969. Auf Böcklins „Selbstbildnis mit fiedelndem Tod“ von 1872 spielt Freund Hein, in Naumanns Filmstills der Künstler die Violine. Die Saiten von Naumanns Violine sind nicht klassisch GDAE, sondern DEAD gestimmt. Das Spiel erinnert den Künstler an die eigene Sterblichkeit und ist zugleich der Versuch, sich ihr durch den Ewigkeitsanspruch der Kunst zu entziehen. Im kultur- und zeitübergeifenden Diskurs des Bandes wird deutlich, dass sich weder ein universaler Künstlerbegriff noch eine annähernd einheitliche Unsterblichkeitsvorstellung finden lässt. Werner Hofmanns Überblicksartikel „Was ist ein Künstler?“ endet einigermaßen gereizt: „Immer noch wird behauptet, es gehe um ‚Kunst’ und ‚Kunstwerke’ im alten, auf Meisterschaft gründenden Wortverstand, desgleichen um ‚Kunsthändler’ und ‚Kunstmuseen’, so als verfüge das gegenwärtige Geschehen noch über die sinngebende Autorität von Instanzen, die begründet sagen können, was Kunst ist. Wir geben uns Mühe, den gegenwärtigen Etikettenschwindel zu verdrängen, wir wollen nicht wahrhaben, dass wir und das Kunstgeschehen von einem Niemandsland der Begriffe umgeben sind. Alle Kriterien, die in den Jahrhunderten der Abbildkunst entwickelt und schließlich zu Dogmen erhoben wurden, haben keine Gültigkeit mehr. Was wir nicht durchschauen, setzen wir achselzuckend auf das Konto der rätselhaften Mehrdeutigkeit, von der wir wissen, dass sie dem Kunstwerk inhärent ist. Wer ermittelt Rangstufen des Könnens bei Martin Kippenberger oder Jonathan Meese? Unsere Urteilsunsicherheit verdrängend, wollen wir Entgleisungen nicht als solche wahrnehmen, sondern verweisen sie umgehend in die Kategorie der Innovation. Der zur Grundausstattung gewordene Regelverstoß ist jedoch keiner mehr, er hebt sich selber auf…. Aus dem Künstler, der einmal ein Umstürzer war, ist ein Umstülper geworden, ein Hütchenspieler, der in einem imaginären Kabarett auftritt“ (Werner Hofmann)
(ham)