mit einem Text von Christoph Tannert
Prestel Verlag München, 2009, ISBN 978-3-7913-4368-6, 192 S., 128 Farbabbildungen, Hardcover gebunden mit Schutzumschlag, Formt 28,5 x 25 cm, € 49,95
Die 1977 in Gwangju, Korea, geborene Seo hat ihre Malereistudien an der Cho-sun Universität in Gwangju als beste und ihr Zweitstudium bei Georg Baselitz 2004 als Meisterschülerin abgeschlossen. Zwischenzeitlich hat sie eine Bilderbuchkarriere mit Einzelausstellungen unter anderem in Berlin, Stuttgart, Madrid, Mailand, Seoul, Biennalen-Beteiligung in Prag, Liverpool, Beijing, Shanghai und zahlreichen Stipendien und Ankäufen durch europäische und amerikanische Museen und Sammlungen hingelegt. Bei ihrer Ausstellung ‚Spurensuche’ im Jahr 2005 im Hospitalhof Stuttgart gab es nur einzelne freie Bilder. Wer heute eine ihrer Papiercollage auf Leinwand erwerben will, muss sich gedulden. Ihre Erstpräsentation „Mein deutscher Traum“ 2003 in der Galerie Michael Schultz mit ihren Caspar David Friedrich-Paraphrasen und Altsilberskulpturen von Gartenzwergen, Kühen und Bierfässern war ein Paukenschlag. Deshalb hat sich auch kaum einer gewundert, dass sie damals den Anspruch erhob, irgendwann einmal ihren deutschen Lehrer an Bedeutung zu erreichen und womöglich zu übertreffen. Georg Baselitz wird zwischenzeitlich im Kunstkompass an der Spitze gehandelt und die Preise der Seo-Collagen sind von zwischen 2500 und 8000 Euro im Jahr 2003 auf durchschnittlich eine Million US-Dollar gestiegen. Man kann sich über die Kapriolen des Marktes wundern. Man kann sich aber auch fragen, ob die Wertschätzung von Seos Arbeiten mit ihrer Distanz zu den Techniken der Negation, der Verkehrtheit und der Zerstörung und ihrer abbildhaften „Projektionen von Seinsfülle“ zusammenhängt. „Bad painting“ kennt Seo nicht. Sie setzt auf Paradiese und zeigt sie als Reisfelder (Kleines Reisfeld I, 2006), Arbeiter bei der Ernte (Die große Reisernte I, 2006), paradiesische Seerosenteiche (Im Paradies I – III, 2006), Seerosenflüsse (Grüner Fluss mit Boot, 2004) und als eine Welt voller Seerosen (Global Roses, 2008). Immer wieder kommt sie auf das Thema Überfahrt und Boot (Kein Land in Sicht, 2005; Himmelfahrt, 2005) und erinnert damit an Charon, der die Toten über den Styx, den Totenfluss bringt. In „Kampf der Schattenfänger“, 2005, Acryl, Papiercollage auf Leinwand, 200 x 290 cm, werfen zwei Fischer Seile wie Netze in den Fluss, um einen Urwaldriesen einzufangen, der sich im Wasser spiegelt. Noch 2002 hat sie in Berlin traditionelle Ölmalerei trainiert. Ab 2003 hat sie in Deutschland erste Tusche-, Acryl-, Aquarell- und Papiercollagen auf Leinwand gefertigt. Heute sind die so genannten Hanji-Papiere aus ihrem Werk nicht mehr wegzudenken. Sie bilden mit mindestens fünf Lagen den Reliefhintergrund auf ihren Leinwänden. “Wie Häute liegen die Papierstreifen über der Leinwand. In der Summe der geklebten und farbig gefassten Einzelpartikel ist ein Bild natürlich mehr als die Summe seiner Teile“ (Christoph Tannert). Es wird zum Hybrid, der westliche und östliche Traditionen verbindet und modernisiert. „Das Bild ‚Kampf der Schattenfänger’, 2005 thematisiert das Subjekt und das Andere als Kräftemessen mit unklarem Ausgang …“ (Christoph Tannert und wird so zur Metapher für die Künstlerin: „Es gibt Momente, da fühle ich mich wie auf der Jagd nach mir selbst im Niemandsland zwischen den Welten“ (Seo).
(ham)