Katalog zur Ausstellung im Museum Centro Wifredo Lam in Havanna, Cuba, vom 4.Februar bis 2. März 2010
49 Seiten, davon 25 Seiten in Farbe
Wenn man von dieser Ausstellung sagt: "Das sieht ja aus wie deutsche Malerei!", so ist das eine sträfliche und ungerechte Vereinfachung. Ja, es gibt da "deutsche" Vorbilder. Mir fallen Namen ein, wie Gerhard Richter, Cornelia Schleime, Thadeusz, aber auch Baselitz und Polke. Sicher sind Kataloge von diesen Künstlern in den Bibliotheken von ISA und San Alejandro zu finden. Aber es handelt sich bei den jungen kubanischen Künstlern n i c h t im banalsten Sinne um Kopien von Vorbildern, sondern um Bekenntnisse und um den Mut, mit vorhandenen Traditionen(erst einmal) zu brechen. Ein Privileg, das man jungen Künstlern zugestehen und auch anerkennen sollte.
Es ist verständlich und auch nachvollziehbar, wenn sich die anerkannte, ältere kubanische Malergeneration erst einmal vor den Kopf gestoßen fühlt. Aber es war an der Zeit, diese Flut von sich ständig wiederholenden Motiven und Stilen einmal zu durchbrechen und zu hinterfragen.
Die "Jungen Wilden" machten in den 80er Jahren in Deutschland damit den Anfang. Es wurden bewusst "schlechte" Bilder gemalt. Die Technik der akademischen Malerei wurde bewusst außer Acht gelassen, das Inhaltliche, die Bild - Idee, selbst der banale Witz standen plötzlich im Vordergrund. Übrigens wurde man über diese "Jungen Wilden" in Deutschland wieder aufmerksam auf die ältere Malergeneration, wie Baselitz, Gerhard Richter, Immendorf, Lüpertz und Polke. Sie beherrschen heute den deutschen Kunstmarkt, während die "Jungen Wilden" langsam - bedauerlicherweise - in Vergessenheit geraten.
Das Handwerk der Malerei zu lernen, ist wichtig. Aber es geht auch darum, dieses Handwerk zu verinnerlichen. Kunst ist Risiko, ist Mut, einmal erobertes Terrain wieder zu verlassen und zu neuen Ufern aufzubrechen. Picasso hat uns das z.B. in seinem Alterswerk vorgemacht.
Die jungen kubanischen Maler haben an der San Alejandro und an der ISA eine sehr gute Ausbildung bekommen. Ich denke, man muss nicht befürchten, dass sie sich in einer vordergründigen Provokation erschöpfen oder sich endlos so wiederholen, dass dieser aggressive Stil der Jugend in Langeweile umschlägt.
Wir - ich beziehe mich da durchaus ein - sollten die Herausforderung dieser Ausstellung annehmen und anerkennen und sie auch als Anlass nehmen, uns selbst zu erneuern und darüber nachzudenken, was "Kunst" ist oder sein will. Beuys sagte einmal: "Im Mittelpunkt steht der Mensch" (....und nicht der Keilrahmen...).
Anmerkung des Verfassers. Alejandro Campins Fleita malt das Hinterteil einer Frau aus deren Vagina ein Affenkopf herausschaut, der "Hallo" sagt. Provokativ, pornographisch?! Egal, aber es wird etwas abgebildet, gemalt, was bisher hier nur g e d a c h t wurde. Immerhin heißt es jetzt: "Hallo, hier bin i c h ".
(Siegfried Kaden)