Katalog zur gleichnamigen Ausstellung in der Staatsgalerie Stuttgart vom 11.10. 2007 – 20.01. 2008. Hg. National Portrait Gallery Publications, London. Mit Texten von Paul Moorhouse und Dominic Sandbrook.
Hatje Cantz Verlag, Ostfildern, 2007, ISBN 978-3-85514-381-4, 192 Seiten, 150 Abb., davon 81 farbig, gebunden mit Schutzumschlag, Format 28,8 x 22,8 cm, € 39,80
Dominic Sandbrook gibt im Katalog zur Ausstellung „Pop Art Portraits“ einen kurzen Überblick über die vermeintlich so aufregende Zeit der „Swinging Sixties“ und beschreibt ein Jahrzehnt wirtschaftlichen Wachstums und zunehmender sozialer Demokratie. Die Schlagworte sind explodierender Nachkriegswohlstand, Massenmedien, Werbung, Starkult, Weltraumfahrt und das Aufblühen einer Altersklasse, die sich bis heute hartnäckig am Gesäß der Gesellschaft festgebissen hat: der konsumfreudige Teenager.
Die Grundthese der Ausstellung berücksichtigt leider diesen hormongesteuerten Unhold gar nicht, sondern sieht in den Porträts der Pop Art eine Auseinandersetzung mit der Möglichkeit, durch die Massenmedien in kurzer Zeit von einem Nobody zu einem Star zu werden – um nach ebenso kurzer Verweildauer am massenmedialen Firmament ausgebrannt in Möbelhäusern aufzutreten oder sich gleich umzubringen.
Der ausführliche Text von Paul Moorhouse bietet einen intensiven Überblick über die Protagonisten der Pop Art. Von dem relativ unbekannten, 1924 in Edinburgh geborenen, Eduardo Paolozzi, der mit seiner anarchistischen Collagenserie „BUNK!“ als einer der Vorläufer der Pop Art gilt, bis zu den Großmeistern Wesselmann, Lichtenstein, Warhol, Rauschenberg und anderen.
Aber funktioniert das Thema „Porträt“ als sinnstiftender Gegenpart zum Thema „Dinge“, also zu den vielen Dosensuppen, Haushaltsartikeln, Flaggen und Limonadenflaschen, die in der Pop Art immer wieder auftauchen? Moorhouse beruft sich auf ein Zitat des Kunstkritikers David Sylvester: „Das Eigentümliche der Pop-Art ist, dass sie häufiger eine Form der Stilllebenmalerei als der figürlichen Malerei darstellt. (…) Sie schildert nicht trinkende Männer, sondern die Bierdose; sie schildert nicht Familien bei der Sonntagsspritztour, sondern das Auto mit dem sie fahren“. Ruft man über die Google-Bildersuche das Stichwort „Pop-Art“ ab, zeigen sich jedoch fast ausschließlich Porträts und auch im kollektiven Gedächtnis sind diese viel präsenter als die Dinge. Insofern scheint die thematische Beschränkung der Ausstellung etwas akademisch.
(Michael Reuter)