Im Auftrag des Zentrums für Kunst und Medientechnologie (ZKM)
Suhrkamp TB Wissenschaft, Frankfurt am Main 2004, € 13,--
Was Peter Gente im Vorwort des Bandes verspricht, wird eindrücklich eingelöst: es geht darum, die Vielfalt im Kunstverständnis des französischen Poststrukturalisten Michel Foucault aufzudecken. „Dem Leser der Schriften von Michel Foucault fällt auf, wie häufig und irritierend der Begriff Kunst, franz. ‚art’, lat. ‚ars’, griechisch ‚techné’ gebraucht wird: Regierungskunst, Kriegskunst, Lebenskunst, techné tou biou, ars erotica, ars politica, oder auch die Kunst der Marter gegenüber der Technik der Überwachung und ‚Zärtlichkeit unter Männern als Kunst betrachtet’ (9). Ich ergänze das Verhältnis von Macht und Kunst, das von Peter Weibel vorgetragen wird. Er problematisiert die Machtstrukturen, in denen die Produktion und die Rezeption von Kunst heute auftritt.
Der Band liefert ein Dreifaches: Es gibt Beiträge, die werkimmanent orientiert sind. Es gibt solche, die Anregungen für eine Hermeneutik des Wahrnehmens liefern und es finden sich Ansätze zu einer Mediengeschichte, die man neben der Geschichte der Sexualität ja auch gern von Foucault selbst noch zu lesen bekommen hätte.
Aber wer am Verhältnis von Wort und Bild arbeitet, kann an Michel Foucaults Schriften anknüpfen. Dies zeigen mehrere der Autoren: Daniel Defert schreibt zum Verhältnis von Sehen und Sprechen und Wolfgang Ernst durchaus foucaultkritisch über „Das Gesetz des Sagbaren. Foucault und die Medien“. Foucaults Interpretationen von Werken der Maler René Magritte und Edouard Manet stehen im Zentrum von Thierry de Duves Beitrag, Michael Glasmeier schreibt über die drei Denker-Künstler – wie er sie nennt - : Magritte, Foucault und Broodthaers. Pravu Mazumdars steuert schließlich einen Beitrag über Repräsentation und Aura bei: „Zur Geburt des modernen Bildes bei Foucault und Benjamin“. Wilhelm Schmid widmet sich Foucaults häufiger Aussage, dass aus der Idee, dass uns das Selbst nicht gegeben ist, nur eine praktische Konsequenz zu ziehen sei: „Wir müssen uns selbst als ein Kunstwerk schaffen“ (zitiert nach Raulff 17). Schmid allerdings geht leider nur sehr wenig auf Foucaults Schriften ein. Doch sein Beitrag ist trotzdem erhellend. Die Bezugnahme auf die Dadaisten und auf Maurice Merleau-Ponty eröffnet den Referenzrahmen von Foucaults Diktum des Lebens als Kunstwerk. Schmid allerdings traut den Künsten, wie er sich ausdrückt, mehr Autonomie zu als Foucault. So fehlt bei Schmids Auslegung der gesellschaftskritische Impuls, der von Foucault zumeist ausgeht.
Der Band bietet ein sehr weites Spektrum für die Thematisierung von Kunst an. Das Werk Foucaults lässt dies folgerichtig erscheinen. Doch ist auch deutlich, dass hier ein Festival dokumentiert wird, das zu Ehren Michel Foucaults im September 2002 in Karlsruhe im ZKM stattfand. So wird der Leserin abverlangt, immer wieder andere große Felder der Reflexion zu betreten.
(Ilona Nord)