Zur Symbolik der „Gartenrevolution“ in Europa
Verlag Königshausen [&] Neumann, Würzburg, 2007, ISBN 978-3-8260-3753-5, 512 S., 9 s/w-Abbildungen, Broschur, Format 23,5 x 15,5 cm, € 58,--
Die Publikation geht auf eine 2006 an der Universität Roskilde in Dänemark verteidigte Dissertation zurück und widmet sich den Hintergründen und Folgen des Übergangs von der formalen barocken Gartenkultur zum englischen Landschaftsgarten in den Jahren 1720 - 1750 in England und 1760 – 1790 im übrigen Europa. Am Modell des Gartens werden damals unter anderem das Frauenideal und das sexuelle Verständnis des Mannes, also die Geschlechterrollen, das Verhältnis zwischen Herr und Knecht und die Rechte der Untertanen, also die Gestaltung des Politischen und die Visionen eines irdischen Paradieses und damit die Rolle vom menschlichen und göttlichen Schöpfer diskutiert. „Diese verschiedenen Umbrüche … spiegeln einen entscheidenden Schritt im Modernisierungsprozess: den Übergang von der religiösen Symbolik des Gartens zur Ästhetisierung von Garten und Natur. Das Paradiesische erhält dabei einen diesseitig-utopischen Zug: im paradiesischen Garten herrscht Freiheit, es gibt aber auch ein ästhetisches Paradies …“ (Ana-Stanca Tabarasi). Die vorliegende geistes- und mentalitätsgeschichtlich orientierte Untersuchung behandelt die Voraussetzungen und Wandlungen eines Gartenmodells zwischen 1710 und 1860 an Hand repräsentativer Texte der englischen, französischen und deutschen Literatur und Philosophie. Der Diskurs um den Garten wird dabei zu einer Form der Arbeit an der modernen Identität.
Im ersten Teil der Arbeit wird die Gartendiskussion in den drei Ländern nachgezeichnet. Im zweiten Teil werden die dort behandelten Vorstellungen von Moral, Politik, Ästhetik, Kindheits- und Erziehungsvorstellungen, Geschlechterrollen und Vorstellungen über Zeit und Vergänglichkeit miteinander verglichen und gefragt, ob sie vergleichbare Vorstellungen von Paradies und Identität beinhalten. „In allen untersuchten drei Ländern endet die Diskussion über den Landschaftsgarten mit dem romantischen oder post-romantischen Protest gegen die Industrie, die nicht nur den Garten, sondern auch die damit verbundenen Werte und Hoffnungen eines harmonischen Daseins zu zerstören scheint. Die Industrialisierung ist es wohl auch, die eine Verlagerung des Interesses auf die noch unberührte Natur außerhalb des Gartens mit sich bringt – und, weil diese in Europa eine Seltenheit zu werden anfing, endet diese Bewegung in einer Faszination für das Exotische … Eine andere mögliche Reaktion auf die Industrialisierung ist, den Garten als Schutzraum gegen die zerstörerische Modernisierung … zu betrachten“ (Ana-Stanca Tabarasi).
(ham)