Metaphern jüdischer Identität im Post-Shoah-Zeitalter
Mit einem Vorwort von Christoph Wagner
Regensburger Studien zur Kunstgeschichte Band 4, hrsg. von Christoph Wagner
Schnell + Steiner, Regensburg, 2008, ISBN 978-3-7954-2090-1, 171 S., 67 s/w-Abbildungen, Hardcover gebunden mit Schutzumschlag, Format 24 x 17 cm, € 39,90
Durch die Grenzerfahrung des Holocausts geprägte Metaphern wie die der Ortlosigkeit und der Leere werden bei Daniel Liebeskind in architektonische Metaphern transformiert, die vom jüdischen Selbst- und Weltverständnis in der Zeit nach dem Holocaust künden. Damit ist schon angedeutet, dass Yvonne Al-Taie in ihrer dreiteiligen Studie unter anderem aus Gründen der Begriffsklarheit auf die Bezeichnung „jüdische Architektur“ verzichtet und stattdessen von Elementen jüdischer Kultur und Tradition spricht, die in Daniel Liebeskinds architektonisches Schaffen eingeflossen sind und dieses prägen.
Im ersten Teil ihrer Studie untersucht Al-Taie, wie die Erfahrung der Abwesenheit der ermordeten und schon gar nicht mehr geborenen jüdischen Bürger unter anderem Liebeskinds Masterpläne für den Potsdamer und den Alexander Platz in Berlin, aber auch sein jüdisches Museum, Berlin und sein ‚Museum without Exit’, das Felix-Nussbaum-Haus Osnabrück prägt. Er geht dabei von der subjektiven Erfahrung von jüdischen und nicht jüdischen Bürgern aus und versucht dieser Erfahrung architektonisch Rechnung zu tragen. „Metaphorisch richtet er dabei Gebäude- oder ganze Stadtzonen entlang einer subjektiven Topographie aus, die die Stadt – oder einen bestimmten Ort innerhalb der Stadt – in ein größeres geographisches Gefüge einordnet, an dem sie orientiert bleibt. Formal setzt er diese Deutung von Stadt stets in eine Art von Linien-Matrix um, die dadurch entsteht, dass er die Stadt als Wohnort von Menschen begreift und deren biographische Verbindungen zu unterschiedlichen Orten auf Stadtplänen oder Landkarten topographisch nachvollzieht. … Dabei soll die rein materielle und funktionale Grundlage von Stadt auf die Vorstellung eines innersubjektiven Begegnungs- und Erfahrungsraums transzendiert werden, wobei häufig Metaphern einer kulturellen oder religiösen Identität diesem Stadtverständnis Ausdruck verleihen“ (Yvonne Al-Taie).
Im zweiten Teil diskutiert Al-Taie unter anderem Liebeskinds im Jüdischen Museum Berlin realisierten Voids als architektonische Metapher für die Unwiederbringlichkeit zerstörten Lebens und zerstörter Kultur in Deutschland und zugleich als Metaphern für den Neuanfang nach dem Ende.
Im dritten Teil wird erläutert, wie Buch und Schrift in Liebeskinds Architektur zur zentralen Metapher jüdischer Identität werden kann.
(ham)