Katalog zur gleichnamigen Ausstellung vom 17.10.2007 – 17.02.2008 in der Kunsthalle Wien und vom April bis Juni 2008 im Centro Atlantico de Arte Moderno Las Palmas de Gran Canaria. Hrsg. von Gerald Matt, Thomas Mießgang und Álvaro Rodriguez Fominaya mit Texten unter anderem von Gabriel García Márquez, Mario Varas Llosa, Octavio Paz und einem Essay von Thomas Mießgang. Kunsthalle Wien / Verlag für moderne Kunst Nürnberg, 2007, ISBN 978-3-939738-66-4, 216 S., Broschur mit Schutzumschlag, Fadenheftung, zahlreiche s/w- und Farbabbildungen, Format 19,5 x 15,6 cm, € 24,--
Die in dem rundum sehens- und lesenswerten Katalog dokumentierte Ausstellung von 26 lateinamerikanischen Künstlerinnen und Künstlern geht der Frage nach, ob der bis in die prä-kolumbianische Epoche zurück verfolgbare lateinamerikanische Totenkult „in Wahrheit ein Moment der Lebensbejahung“ (Gerald Matt) ist oder nicht. Octavio Paz scheint die Frage zu bejahen, wenn er schreibt: „Für die Nordamerikaner scheint die Welt etwas zu sein, das man vervollkommnen, für uns aber ist sie etwas, das man erlösen kann“. “¡Viva la Muerte!“ stellt ästhetisches Material zur Verfügung, ohne abschließende Befunde zu liefern“ (Gerald Matt). So thematisiert der kolumbianische Künstler Juan Manuel Echavarría in seiner Serie „Corte de florero“, 1997, eine in den 1950er Jahren landesspezifische Form der Verstümmelungspraxis. „Im Kampf der Liberalen gegen die Konservativen wurden getöteten politischen Gegnern der Kopf und die Gliedmaßen abgetrennt und dann in den offenen Halsschlund gesteckt, so dass der Körper gewissermaßen als Blumenvase fungierte“ (Thomas Mießgang). Echavarrías fotografierte, aus menschlichen Knochen gebaute Objekte erinnern an Blumenstillleben und botanische Präparate. Cristina García Roderos großformatige Schwarzweiß-Fotografien von religiösen Prozessionen dokumentieren die Anreicherung christlicher Totengedenkrituale durch Yoruba-Götter wie Oshun, Chango oder Yemaya und aztekische Totenreichvorstellungen. Die mexikanische Götterneuschöpfung Santa Muerte, die seit den 80er Jahren vorwiegend von Kriminellen , Gefängnisinsassen, Polizisten und Drogendealern verehrt wird, ist „in direkter Linie auf die Jungfrau von Guadaloupe zurückzuführen…“ (Thomas Mießgang). Der Brasilianer Vik Muniz steckt einem Totenschädel eine braun eingefärbte Knollennase ins Gesicht und macht den Schädel damit zum Medium des schwarzen Humors und des politischen Widerstands: Clown Skull, 1989-1990, Abguss eines menschlichen Schädels mit halb geöffnetem Mund, Kunststoff, 21 x 13 x 19,5 cm.
(ham)